Russland

Sankt Petersburg: Gericht eröffnet Völkermordverfahren über Belagerung von Leningrad

In Sankt Petersburg hat ein beispielloser Prozess zur Anerkennung der Belagerung Leningrads als Völkermord begonnen. Hierbei werden geheime Dokumente präsentiert und Verstrickungen europäischer Länder in die Kriegsverbrechen Nazi-Deutschlands zum ersten Mal publik gemacht.
Sankt Petersburg: Gericht eröffnet Völkermordverfahren über Belagerung von LeningradQuelle: Sputnik © Nikolaj

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft von Sankt Petersburg wurde das Verfahren beim Stadtgericht eröffnet. Den Anstoß für den Prozess gab der Generalstaatsanwalt der Russischen Föderation Igor Krasnow. Die Belagerung Leningrads durch deutsche Truppen während des Zweiten Weltkriegs wurde bisher noch nie juristisch bewertet und daher auch nicht mit Völkermord gleichgesetzt.

Zuvor waren die Taten der Nazis von Gerichten in den Gebieten Nowgorod, Pskow, Rostow, Brjansk, Orel, Krasnodar und auch auf der Krim als Völkermord eingestuft worden. Nun wurde beschlossen, auch für Leningrad diese historische Tatsache anzuerkennen. Die Nachrichtenagentur RIA Nowostiberichtet:

"Die Blockade von Leningrad, die am 8. September des Jahres 1941 begann, dauerte 872 Tage und war eines der eklatantesten Kriegsverbrechen der Nazis im Zweiten Weltkrieg. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wollten die Nazis die Stadt im Rahmen des sogenannten Plans 'Hunger' zerstören, indem sie Leningrad mit Lebensmittelsperren überzogen und ständig bombardiert und beschossen haben. Mehr als 150.000 Granaten wurden abgefeuert, 107.000 Bomben abgeworfen.

Später haben deutsche Artilleristen wiederholt zugegeben, dass die Bombardierungen mit dem Ziel der Zerstörung Leningrads und der Vernichtung seiner Einwohner angeordnet und absichtlich zu Zeiten durchgeführt wurden, um möglichst viele Opfer unter der Stadtbevölkerung zu verursachen."

Es wird ein aufsehenerregender Prozess. Vor allem im Hinblick auf die aktuellen geopolitischen Turbulenzen. Zum ersten Mal werden Dokumente vorgelegt, die Staatsgeheimnisse darstellen, sagte der Staatsanwalt von Sankt Petersburg Wiktor Melnyk in einem Interview mit der Nachrichtenagentur RIA Nowosti:

"Die Staatsanwaltschaft der Stadt hat mehr als 42 Bände und 15.000 Blatt Archivdokumente untersucht, von denen einige noch immer unter das Staatsgeheimnis fallen. Alle Dokumente, die die Rechtslage in dem Fall bestätigen, einschließlich jene, die zuvor nicht von den Justizbehörden bewertet wurden, werden in dem Verfahren vorgelegt."

Man hat bereits angekündigt: Das Verfahren wird auch bisher unbekannte Details über die Beteiligung mehrerer europäischer Länder an der Leningrader Blockade aufseiten Nazi-Deutschlands ans Licht bringen. Staatsanwalt Melnyk sagte bei der ersten Anhörung vor dem Stadtgericht Sankt Petersburg zum Antrag auf Anerkennung der Blockade als Völkermord:

"An der Belagerung Leningrads beteiligten sich neben den deutschen Besatzungstruppen auch bewaffnete Einheiten aus Belgien, Finnland, Italien, den Niederlanden, Norwegen und Spanien sowie einzelne Freiwillige aus Österreich, Lettland, Polen, Frankreich und Tschechien."

Melnyk betonte: Solche Fakten seien bisher "nur vereinzelt von Historikern erforscht" und niemals juristisch bewertet worden. Nun werde dies "zum ersten Mal geschehen".

Bei der Vorbereitung des Prozesses wurde versucht, die Zahl der Todesopfer während der Blockade von Leningrad genauer zu ermitteln. Die Staatsanwaltschaft schätzt, dass die Zahl mindestens doppelt so hoch ist wie in der offiziellen Nachkriegsstatistik dargestellt. Bei der ersten Anhörung zu dem Fall erklärten Vertreter der Anklage:

"Die von der Staatsanwaltschaft durchgeführte Arbeit mit Archiv- und statistischen Dokumenten ermöglicht es, eine deutlich höhere Zahl von Menschen zu erfassen, die während der Belagerung ums Leben kamen. Nach Berechnungen mehr als eine Million Menschen."

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