Russland

Aufgedeckt: So rekrutiert Kiew Handlanger für Spionage und Terrorakte in Russland

Die Ukraine setzt Terror gegen Russen und prorussische Ukrainer ein: In den befreiten Gebieten und – wie der Fall Dugina zeigt – mitten in Moskau. Aber auch die klassische Spionageabwehr ist besonders gefordert, wenn der Feind von heute gestern noch der eigene Bruder war.
Aufgedeckt: So rekrutiert Kiew Handlanger für Spionage und Terrorakte in RusslandQuelle: Sputnik © Ermitllungsbehörde der RF

Eine Analyse von Jewgeni Krutikow

In den letzten Wochen häufen sich Berichte über die Festnahme ukrainischer Geheimdienstagenten nicht nur in den (formal ukrainischen – d. Red.) Regionen Saporoschje und Cherson, sondern auch auf dem gesamten Gebiet der Russischen Föderation bis in den Fernen Osten. Wenn wir die verfügbaren Fälle in einige konventionelle Arten und Unterarten einteilen, erhalten wir ein breites Spektrum von Aktivitäten des ukrainischen Agentennetzes.

Seine Tätigkeit ist vor allem mit der Suche nach Informationen militärischer Art und mit subversiven und terroristischen Aktivitäten verbunden. Die wichtigste Rekrutierungsquelle des ukrainischen Geheimdienstes sind in Russland lebende Ukrainer, Menschen mit ukrainischen Wurzeln und/oder Verwandten in der Ukraine. In 99 Prozent der Fälle handelt es sich um Personen ohne Berufsausbildung, ihre Aufgaben sind diesem Umstand angepasst.

Der "klassische Spion" mit Shorts und Kamera

Bezeichnend ist der Fall des ukrainischen Agenten, der letzte Woche in Wladiwostok festgenommen wurde. Ein älterer Mann gab sich für einen Klischee-Touristen aus. In kurzen Hosen und mit einem Rucksack spazierte er unbehelligt durch die fernöstliche Stadt. Er hatte eine professionelle Kamera mit einem langen Objektiv dabei und kletterte wie ein gewissenhafter Tourist so hoch wie möglich auf Hügel und Brücken, um militärische Objekte zu fotografieren. Diese Objekte sind in Wladiwostok weithin einsehbar. Findet man den richtigen Aussichtspunkt, kann man sogar ohne professionelle Fotoausrüstung nah genug heranzoomen. Der Spion handelte sozusagen in bester Cartoon-Tradition der Zeit des Kalten Krieges. Er wurde eine Zeit lang von außen überwacht, mit versteckter Kamera gefilmt und schließlich festgenommen.

Der ukrainische Geheimdienst systematisiert derzeit die früher eher chaotische Spionagearbeit, indem die Eigeninitiativen "nicht gleichgültiger" Sympathisanten, die schon immer die ukrainische Botschaft in Moskau anriefen, um ihre Beobachtungen mitzuteilen, organisiert und strukturiert werden. Für eine "staatsbürgerliche Haltung" dieser Art kann man sich in Russland bis zu 20 Jahre Haft einhandeln. Kiew ging jahrelang den Weg des geringsten Widerstands und versuchte, Menschen mit ukrainischen Wurzeln in den Grenzregionen anzuwerben. Die Anwerbung nutzte die natürliche und weit verbreitete Redseligkeit von Russen und Ukrainern aus: Das Zielobjekt der Anwerbung wurde in die Kommunikation mit einem ukrainischen Verwandten oder Freund hineingezogen, ein Wort führte zum anderen – die Falle schnappte zu.

Das änderte sich inzwischen: Seit einiger Zeit spielen bei den ukrainischen Anwerbeprogrammen Geld, Erpressung und direkte Drohungen eine immer größere Rolle.

Mit der Befreiung der Region Cherson und eines Teils der Region Saporoschje hat sich der Schwerpunkt der ukrainischen Geheimdiensttätigkeit dorthin verlagert und nahm zugleich einen unverkennbar subversiven und terroristischen Charakter an. Ein charakteristisches Merkmal sticht hervor: Die Anwerbung erfolgt hauptsächlich durch ehemalige Mitarbeiter der örtlichen Abteilungen des ukrainischen Sicherheitsdienstes SBU, die nach Kiew geflohen sind und von dort versuchen, mit verschiedenen, aber stets primitiven Anwerbungsmethoden die unterschiedlichsten sozialen Schichten zu erreichen. Zum Teil kommen bis zur Stupidität primitive Methoden zum Einsatz: Neuerdings wird den Anzuwerbenden etwa damit gedroht, sie bei Verweigerung der Zusammenarbeit "den Russen auszuliefern", indem Handgranaten in deren Wohnungen platziert werden und dann die russische Militärpolizei alarmiert wird. Selbst Todesdrohungen, sogar gegen Kinder, kommen bei der Anwerbung zum Einsatz.

Dabei missachten die Hauptamtlichen des SBU elementare Regeln der Konspiration: Die Anwerbegespräche werden unter Klarnamen und vom auf einen selbst registrierten Telefon aus geführt, offen und ohne Vorkehrungen gegen das Abhören.

Der FSB passt seine Taktik an

Folgerichtig hat sich auch die Taktik der russischen Spionageabwehr verändert. Der russische Spionageabwehrdienst war in den zurückliegenden Monaten an einer Reihe operativer Spiele beteiligt, bei denen der Feind nicht einmal bemerkt, dass es sich um FSB-Mitarbeiter handelt, die mit ihm verhandeln.

Öffentlich bekannt geworden ist der Fall der versuchten Rekrutierung russischer Piloten durch die Ukraine, um sie zu einer Flugzeugentführung zu bewegen. Die ukrainischen Anwerber bemerkten den Übergang zu dem operativen Spiel nicht, so psychologisch präzise war es aufgestellt. Es sollte klar sein, dass das Spiel nicht nur notwendig war, Beweise für die Rekrutierung zu beschaffen, nicht nur dazu, physische Daten für den Flug- und Landekorridor zu erhalten, sondern auch dazu, die Personen zu identifizieren, die in der Russischen Föderation an der Betreuung dieser Aktion des ukrainischen Geheimdienstes beteiligt waren. Diejenigen, die innerhalb Russlands Geld transportierten, Überwachungen durchführten und auf andere Weise mit Kiew kollaborierten. Dies ist (dank des operativen Spiels) gelungen.

Die herausragenden Erfolge einzelner Maßnahmen der Spionageabwehr heben jedoch die Notwendigkeit nicht auf, das Banditentum zu bekämpfen, das in den befreiten Gebieten den Charakter eines regelrechten Terrors nach dem Vorbild der Jahre 1944–1950 in der Westukraine annimmt. Wie damals kommen heute maskierte und bewaffnete Männer nachts zu Lehrern und drohen, ihre Häuser niederzubrennen, wenn sie in der Schule nach russischen Lehrplänen unterrichten. Hier braucht Russland andere Methoden der Spionage- und Terrorabwehr, nicht nur klassisch nachrichtendienstliche. Die Gegenmaßnahmen müssen wie in der Nachkriegszeit bis hin zu militärischen Operationen reichen, denn es ist Terror, was die Ukraine da einsetzt.

Eine andere Frage ist die Abwehr der Beschaffung von militärischen, politischen, wissenschaftlichen oder technischen Informationen auf höherer Ebene. Auch hier hat der ukrainische Geheimdienst das Rad nicht neu erfunden. Im Grunde genommen werden dieselben Humanressourcen genutzt: Menschen, die aus der Ukraine heraus durch Verwandte oder Freunde erreicht werden können.

Persönliche Beziehungen ausgenutzt - die Besonderheiten des ukrainischen Anwerbens

Die direkte Anwerbung mit klassischen Methoden (ein ukrainischer Agent geht persönlich auf den Anzuwerbenden zu, lädt ihn in ein Café ein und bietet Geld für Informationen an – es gibt da verschiedene Variationen, doch das Prinzip ist immer gleich) ist in der Russischen Föderation ausgeschlossen. Zum einen verfügen die ukrainischen Auslandsgeheimdienste einfach nicht über genügend geschultes Personal, um konspirative Aktivitäten durchzuführen. Zweitens haben die Gegenmaßnahmen des FSB dies in den letzten Jahren erschwert. Daher sind elektronische Kommunikationsmittel zum wichtigsten Rekrutierungsinstrument der Ukraine geworden. Eine Besonderheit liegt darin, dass die Anwerbung nicht direkt durch einen Hauptamtlichen vorgenommen wird, sondern von jemandem, der selbst am Haken des SBU hängt.

Ein typisches Beispiel war der Fall des Leiters der Qualitätskontrollabteilung eines Flugzeugwerks in der Nähe von Moskau, der versuchte, geheime Baupläne an seinen Kollegen in Odessa weiterzugeben. Der ältere Mann schwelgte in Erinnerungen an alte Verbindungen aus der Sowjetzeit, als viele Konstruktionsbüros und Militärbetriebe in der gesamten UdSSR, einschließlich der Ukraine, eng miteinander verbunden gewesen waren. Auf diese alte Freundschaft hin wurde er angesprochen und verriet sein Land für sprichwörtliche "30 Griwna" und Erinnerungen an Kumpel aus Jugendzeiten.

Die ukrainischen Dienste verfolgen mit der Anwerbung selten ein vorab definiertes Ziel (z. B. ein bestimmtes Dokument zu beschaffen). Die Rekrutierung erfolgt planlos auf gut Glück, angeworben wird alles und jeder, der in die Reichweite der formellen und informellen ukrainischen Agenten gerät, und sei es, dass er als Schläfer "auf Vorrat" gewonnen wird. Der SBU setzt eindeutig mehr auf die Anzahl seiner Agenten denn auf deren Qualität.

Daneben gibt es weiterhin diejenigen, die auf eigene Initiative Kontakt zu den ukrainischen Diensten suchen, aber die Praxis zeigt, dass darunter nur wenige ideologisch motivierte Anhänger des Kiewer Regimes sind. Diese Enthusiasten der Spionage sind meist jung, psychisch labil und haben keinen Zugang zu Informationen, die für die ukrainische Aufklärung von Bedeutung sein könnten. Sie werden eingesetzt, um Sabotageakte von unterschiedlichem Ausmaß an Dummheit und Schaden zu begehen – von der Sprengung von Stromleitungen bis zur Brandstiftung an Verwaltungsgebäuden.

Die Sprengung von Hochspannungsleitungen ist jedoch ein technisch sehr komplexer Vorgang, der nicht nur eine große Menge an Sprengstoff, sondern auch ein gewisses Fachwissen über Minensprengungen erfordert. Das kann man nicht im Internet lernen. Und Sprengstoff in solchen Mengen muss man irgendwoher bekommen. Das heißt, es gibt immer noch einige Kanäle für seine Lieferung – nicht unbedingt über die ukrainische Grenze. Dabei findet die Rekrutierung solcher Personen in der Regel in allerlei extremistischen Foren statt.

Keine Hysterie, keine Paranoia, kein Generalverdacht - Russland bewahrt den kühlen Kopf

General Wadim Skibizki, Vertreter der Spionageabteilung des ukrainischen Verteidigungsministeriums, erklärte kürzlich in einem Interview mit dem britischen Telegraph, dass es für Ukrainer sehr einfach sei, in Russland zu spionieren:

"Viele Ukrainer haben in Russland gelebt oder leben immer noch dort. Wir hatten die gleiche Sprache und das gleiche Aussehen und bis vor Kurzem noch die gleiche Mentalität, und wir waren ein Land. Viele Ukrainer haben in Russland eine gute Regierungskarriere gemacht. Es gibt viele Ukrainer in Führungspositionen in Russland."

Diese Worte des Generals richteten sich eindeutig an ein westliches Publikum, zu sehr betonte er die "Erfolge" der Spionagedienste. Aber einige Dinge hätte er lieber nicht gesagt: Skibizki plauderte aus dem Nähkästchen, dass "das ukrainische Spionagenetz in Russland bei den USA und Großbritannien durchaus gefragt" sei. Ihm zufolge geht es nicht nur um die Lage in der Ukraine, sondern um die Sicherheit in Europa und an der Ostflanke im Allgemeinen. Das Interview erklärt einem englischsprachigen Publikum, dass der ukrainische Geheimdienst über gute Tarnung verfügt und deshalb alles im Voraus weiß und bereit ist, diese Informationen an den MI6 und die CIA zu verkaufen.

Oftmals sind solche Äußerungen ihrerseits Teil eines operativen Spiels: In Moskau wird man lesen, dass der ukrainische Geheimdienst russische Entscheidungszentren infiltriert habe, und deswegen nervös werden. Es wird zu Verdächtigungen kommen, Ressourcen werden für sinnlose Abwehrmaßnahmen abgezweigt, und Menschen mit ukrainischen Nachnamen werden verächtlich gemacht. Man sollte also die Worte eines Vertreters des ukrainischen Geheimdienstes nicht überbewerten, denn sie sind es trotz ihrer professionellen Ausbildung gewohnt, das Erste zu sagen, was ihnen in den Sinn kommt.

Seit 2014 arbeitet der ukrainische Geheimdienst eng mit westlichen Geheimdiensten zusammen. Sie lernten schnell und schufen in Kiew ein neues System. Allerdings muss man zwischen subversiven Aktivitäten (wie der Ermordung von Darja Dugina) und strategischer Aufklärung unterscheiden. Es handelt sich um unterschiedliche Formen und Methoden – daher sind auch unterschiedliche Methoden der Spionageabwehr erforderlich, um diese unterschiedlichen Richtungen einzudämmen.

In der Zwischenzeit ist die russische Spionageabwehr aktiv dabei, feindliche Infiltrationsversuche zu unterbinden, subversive Aktivitäten unter Kontrolle zu bringen und gleichzeitig das Eindringen feindlicher Agenten in strategische Richtungen zu bekämpfen.

Übersetzt aus dem Russischen.

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