Meinung

Die Verbindung zwischen Bandera-Nazis und Islamisten wurde in Berlin geschmiedet

Es ist nicht einfach nur ein gemeinsamer Feind, der die ukrainischen Nazis und ihre moslemischen Verbündeten vereint. Sie teilen eine gemeinsame Geschichte, denn sie teilen schon seit über 80 Jahren den Auftraggeber – wenn auch nicht immer denselben.
Die Verbindung zwischen Bandera-Nazis und Islamisten wurde in Berlin geschmiedet© Wolfmann, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons

Von Dagmar Henn

Wie kommt es dazu, dass die Nationalisten in Kiew gute Verbindungen zu islamistischen Terroristen haben? Klar, beide haben ihre Kontakte zur CIA. Diese Nähe ist aber wesentlich älter. Und man findet die Ursprünge wieder einmal in Berlin.

Wenn man die Geschichte der Nazi-Hilfstruppen kennt, kommt einem die ganze Geschichte der NATO-Osterweiterung vor wie eine Wiederholung. Litauen und Lettland – da werden sogar Gedenkmärsche für die SS veranstaltet, ebenso wie in der Ukraine. Auch im Zusammenhang mit der Zerstörung Jugoslawiens tauchten schon einige Organisationen auf, die bereits in den 40er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts berüchtigt waren, wie die kroatische Ustascha. Wenn man sich die Pläne zur Aufteilung Russlands betrachtet, die mittlerweile sogar der Europarat diskutiert, erinnern sie fatal an ähnliche Pläne, die über Jahrzehnte der Antibolschewistische Block der Nationen pflegte, eine Organisation, in der sich viele dieser Naziverbündeten sammelten und die interessanterweise ihren Sitz an der gleichen Adresse hatte wie die OUN (B), und lange Zeit den gleichen Vorsitzenden teilte: Jaroslaw Stezko.

In München finden sich aber noch mehr interessante Adressen, und eine davon war der Auslöser für eines der wenigen Bücher, die sich mit einem anderen Teil dieser Nazikollaborateure befasst: "Die vierte Moschee" des amerikanischen Journalisten Ian Johnson. Diese Moschee steht an der Freisinger Landstraße in München, und sie wurde für den moslemischen Teil der Nazikollaborateure errichtet – Tataren, Usbeken, Tadschiken, Tschetschenen …

Viele wissen, dass es bei der Schlacht um Stalingrad um den Zugang zu den Ölreserven am Kaspischen Meer ging. Auch die Stadt Baku kommt leicht in den Sinn. Aber es gab ein zweites Ölförderzentrum nicht ganz so weit im Süden, das ebenfalls ins Visier genommen wurde, auch wenn man mit dem Namen dieser Stadt heute etwas ganz Anderes verbindet: Grosny. Die Kontrolle über die Rohstoffe des Kaukasus zu übernehmen, sollte durch die Förderung antisowjetischer Truppen erleichtert werden. Nach dem ursprünglichen Plan, die gesamte Sowjetunion zu erobern, reichten diese Bemühungen bis Zentralasien (ein Bruchteil davon ist in dem Film "Sieben Jahre in Tibet" zu sehen).

Das reiche Angebot an moslemischen Hilfstruppen wurde von Gerhard von Mende betreut, der, wie sein Vorgesetzter Alfred Rosenberg, Deutsch-Balte war. Er sorgte dafür, dass sowjetische Kriegsgefangene moslemischen Glaubens herausgefiltert wurden und das Angebot bekamen, man werde sie gut versorgen, wenn sie bereit wären, gegen die Sowjetunion zu kämpfen. Auch die SS unterhielt einen "Osttürkischen Waffenverband", der, so Johnson, "unter dem Kommando der SS Partisanen in der Ukraine, Griechenland und Italien" bekämpfte, und "wegen seines Einsatzes bei der Niederschlagung des Warschauer Aufstands" berüchtigt war.

Mende war so überzeugter Nazi, dass er der Adolf-Hitler-Schule in Sonthofen ideologische Ratschläge erteilte; auch da passte er zum Amtsleiter Alfred Rosenberg, der immerhin die "Rassenlehre" der Nazis geschrieben hatte. Offiziell hieß das Amt Rosenbergs "Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete", und die Kontrollinstanz für die Bandera-Ukrainer befand sich nur eine Zimmertür weiter.

Rosenberg hatte übrigens bereits 1927 vorgeschlagen, sich die ukrainischen Nationalisten zunutze zu machen. Seine Behörde war es, die bereits vor dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion die Vorgaben für die Besatzungspolitik, aber auch die weiteren Kriegsziele entwickelte. Rosenbergs Vorstellungen kommen einem derzeit sehr bekannt vor:

"Kraft seines Amtes wollte er um das verbleibende russische Kerngebiet einen Gürtel aus Pufferstaaten legen, wobei die Ukraine, Weißrussland, die baltischen Staaten, der Kaukasus und Turkestan wenigstens dem Namen nach eigenständig sein sollten."

Man war sich innerhalb der Nazielite nicht immer ganz einig, welche Völker zur Sklavenarbeit verdammt und ermordet, und welche als Verbündete hofiert werden sollten, und beide Zustände konnten auch fließend ineinander übergehen.  Jedenfalls gab es diese Hilfstruppen aus den moslemischen Minderheiten, und wie die Bandera-Ukrainer folgten sie der Wehrmacht auf ihrem Rückzug und fanden sich nach dem Zweiten Weltkrieg in den gleichen Flüchtlingslagern, den Lagern für die "Displaced Persons", wieder.

Selbst im Wikipedia-Artikel über von Mende lässt sich herauslesen, wie sehr Mende nach 1945 bemüht war, seine Kontakte zu "verwerten"; als es anfänglich mit den US-Amerikanern nicht klappte, zog er extra in die britische Zone. Aber Mende ließ sich seine Hilfstruppen nie vollständig abknöpfen. Überhaupt bildete sich ein interessanter Sumpf um diese "Ostflüchtlinge", zwischen OSS/CIA, MI6, Abwehr II, SD- und SS-Leuten und, sowie sie gegründet waren, dem Bundesamt für Verfassungsschutz und dem BND. Übrigens, die Abwehr II war jene Abteilung des Nachrichtendienstes der Wehrmacht, die für die Organisation von Terroranschlägen zuständig war. Wie man sieht, auch hier eine alte Tradition.

Die Nähe zwischen etwa den Bandera-Ukrainern und den Resten der muslimischen Hilfstruppen ergab sich aber nicht nur über vielfache Überschneidungen bei ihren Auftraggebern, sondern sie teilten oft auch über Jahre hinweg die gleichen Wohnsitze. Rund um München gibt es ganze Siedlungen, die aus derartigen DP-Lagern entstanden sind und sie begegneten sich auch bei einem in diesen Kreisen sehr beliebten Arbeitgeber, dem CIA-betriebenen Radio Free Europe/Radio Liberty. Die bayerische Staatsregierung beglückte nicht nur die Ukrainer mit der Möglichkeit, eine der nationalistischen Ideologie verpflichtete Universität in München zu gründen, sie baute auch eine Moschee für die Angehörigen der muslimischen Hilfstruppen, die im späteren Verlauf eine wichtige Rolle bei der internationalen Ausdehnung der Muslimbrüder spielen sollte – der Grund, warum sich Ian Johnson überhaupt mit ihrer Vorgeschichte beschäftigte.

Der ukrainische Teil dieses Konglomerats kehrte mit der Unabhängigkeit sofort in die Ukraine zurück und bemühte sich, möglichst viel Einfluss zu gewinnen. Die Kontakte zu all diesen anderen Strukturen wurden gewissermaßen mitgebracht; ukrainische und georgische Nationalisten kannten sich aus München, aber die erste Verbindung kam über Berlin. Genauso verhält es sich auch mit kaukasischen Islamisten.

Das bedeutet nicht, dass sich die Personen notwendigerweise kannten; aber in dieser Schattenwelt des antisowjetischen Exils, die sich über Jahrzehnte mit Anschlägen und Sabotageakten am Leben hielt, blieben die alten Kontakte die Grundlage des Vertrauens. Was vielleicht, wenn man nicht ideologische Nähe unterstellen will, der Grund dafür ist, warum die CIA in den letzten Jahrzehnten so sehr auf diese alten Verbindungen aufbaute – in einer Umgebung des Verbrechens ist Vertrauen das Gut, das am schwersten zu haben ist. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ganze Netzwerke geteilt oder (manchmal) übergeben werden; die Ukrainer hatten die Nazis einst vom vatikanischen Geheimdienst geerbt.

Erstaunlich ist allerdings, dass die politischen Ziele, die heute verfolgt werden, von den ukrainischen Diensten wie von ihren Verbündeten, nach wie vor so aussehen, wie sie das Amt Rosenberg einmal erdachte. Man sollte eigentlich annehmen, dass nach über achtzig Jahren zumindest bedeutende Unterschiede erkennbar sind. Aber man stößt nicht nur immer wieder auf die gleichen Querverbindungen, ob nun zwischen den ukrainischen und georgischen Nationalisten oder weiter in den Kaukasus, es werden die gleichen Absichten verfolgt. Tadschikische Islamisten, die unter Anleitung ukrainischer Geheimdienstler mit Wissen der CIA Anschläge verüben, um Russland zu schwächen, das ist wie eine Wiederkehr der Abwehr II in Zusammenarbeit mit dem Amt Rosenberg, eine Fortsetzung des gleichen alten Generalplans Ost im Gewand der NATO.

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