Meinung

Der Israel-Palästina-Konflikt: Er ist einer der am leichtesten zu verstehenden Konflikte

Ein Heuchler zu sein ist an sich kein großes Übel, wir sind alle in gewisser Weise ein bisschen heuchlerisch. Ein absolut großes Übel jedoch ist, auf der ganzen Welt Gewalt und Zerstörung zu verbreiten, um damit die Vorherrschaft auf diesem Planeten anzustreben.
Der Israel-Palästina-Konflikt: Er ist einer der am leichtesten zu verstehenden KonflikteQuelle: Legion-media.ru

Von Caitlin Johnstone

Die Israel-Palästina-Frage ist nicht kompliziert. Ein Apartheidregime missbraucht und unterdrückt eine indigene ethnische Gruppe und gewährt ihr nicht dieselben Rechte, wie sie die andere ethnische Gruppe im Land genießt. Der einzige Grund, warum irgendjemand denkt, dieser Konflikt sei kompliziert, liegt darin, dass er davon ausgeht, dass, wenn dieser Konflikt einfach zu verstehen wäre, sie es in den Nachrichten gehört hätten.

Tatsächlich ist der Israel-Palästina-Konflikt einer der am leichtesten zu verstehenden Konflikte der Welt. Konflikte wie jener in der Ukraine oder in Syrien sind viel komplizierter zu verstehen. Im Israel-Palästina-Konflikt ist auf den ersten Blick klar, dass eine bestimmte Gruppe an der Macht ist und eine andere Gruppe im selben Land von der ersten Gruppe sehr schlecht behandelt wird. Weil aber die Medien diesen Konflikt als kompliziertes Thema behandeln und die Sympathien dieser Medien stark auf das Apartheidregime der ersten Gruppe ausgerichtet sind, gehen die Menschen davon aus, dass dieser Konflikt nicht so einfach zu verstehen ist, wie es auf den ersten Blick aussieht. Ist es aber.

Israel ist genau das missbräuchliche Apartheidregime, wie es oberflächlich betrachtet erscheint. Denken Sie daran, während sich die Leichen auftürmen und Gaza in eine rauchende Trümmerlandschaft verwandelt wird. Genau so sieht der Israel-Palästina-Konflikt aus.

Das Töten von Zivilisten mit militärischen Mitteln ist im Grunde weder humaner noch zivilisierter als das Töten mit Schusswaffen. Militärische Mittel verursachen grausame Verletzungen und oft einen langsamen, qualvollen Tod durch Ersticken oder Verbrennen unter Trümmern. Militärische Mittel sind schreckliche Massenmordwaffen.

Der einzige Grund, warum man Tötungen mit militärischen Mitteln hinnimmt, liegt darin, dass eine Tötung mit militärischen Mitteln etwas ist, das aus der Ferne geschieht und aus der Ferne betrachtet wird. Wenn man in den sozialen Medien oder im Fernsehen Aufnahmen sieht, in denen Gebäude in die Luft gesprengt werden, sieht man nicht, wie die Menschen unter den Trümmern zu Tode kommen oder durch die Explosion zerrissen werden. Es ist bloß ein kurzer Videoclip einer Explosion ‒ so, als würde man sich einen Actionfilm ansehen oder ein Videospiel spielen.

Wenn die israelische Armee durch Gaza ziehen würde und Zivilisten mit ihren Gewehren erschießen oder sie mit Schwertern erstechen würde, würde das die Sache natürlich nicht humaner machen. Aber die Sprengung von Gebäuden mit Bomben, die aus der Luft kommen, ist für einen Betrachter abstrakter und ermöglicht es, sich psychologisch von dem zu isolieren, was tatsächlich geschieht.

Darum geht es beim Wahrnehmungsmanagement im Westen: Die Öffentlichkeit von jenen Schrecken abzugrenzen, die durch den Westen im Rest der Welt verbreitet werden. Dies geschieht mithilfe von Propaganda und Lügen und durch Auslassungen. Dies geschieht mit irreführenden Schlagzeilen. Dies geschieht mit Behauptungen wie "nicht provozierter Terrorakt" oder "nicht provozierter Angriff". Beim Wahrnehmungsmanagement geht es darum, die Öffentlichkeit einzulullen, damit sie nicht zur Erkenntnis gelangt, dass mit Unterstützung ihrer Regierungen weltweit schreckliche Dinge getan werden.

Der Stromausfall in Gaza schadet nicht nur den dort lebenden Zivilisten, sondern es erschwert auch die weltweite Sichtbarkeit dessen, was dort vor sich geht. Und ist natürlich ganz bewusst so gewollt. Man bedenke, wie viel schwieriger es für die Menschen in Gaza jetzt sein wird, Videos aufzunehmen und ins Internet hochzuladen. Israel hat allen Grund, die Sichtbarkeit seiner Misshandlung der palästinensischen Zivilbevölkerung zu unterbinden. Das hat Israel schon immer getan. Aus diesem Grund kann Israel bei seinem Wahrnehmungsmanagement und in der Beeinflussung von Journalisten und Medienunternehmen auf eine beeindruckende Erfolgsbilanz blicken.

Wir erleben derzeit eine Flut von Berichten und Nachrichten aus zweifelhaften Quellen mit völlig unbewiesenen Behauptungen über die Enthauptung von israelischen Babys durch Hamas-Kämpfer oder von Massenvergewaltigungen. Dies riecht sehr stark nach Gräuelpropaganda, etwas, das wir bereits im Ukraine-Konflikt erlebt haben. Gräuelpropaganda ist in Kriegszeiten sehr verbreitet. Journalisten der westlichen Massenmedien haben während des Ukraine-Konfliktes gelernt, dass sie jede Art von Gräuelpropaganda verbreiten können – ohne berufliche Konsequenzen, weil sie vonseiten ihrer Regierungen kommt. Nachrichten und Berichte über Gräuel muss man sehr kritisch betrachten.

Es ist auch wichtig zu verstehen, wie völlig uneins die Juden selber in der Frage über Israel und den Zionismus sind. Die schärfsten und scharfsinnigsten Kritiker Israels, denen ich in den sozialen Medien folge, sind Juden. Man darf nicht zulassen, dass Kritik an Israel von den Propagandisten als "Hass gegen Juden" umgedeutet wird, wenn es in Wirklichkeit um Fragen von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit geht. Westliche Imperialisten stehen nicht wirklich für das ein, wofür sie einzustehen behaupten. Die gesamte Darstellung ihrer Position in den Konflikten in Israel und in der Ukraine ist eine Lüge. Eine Seite zu unterstützen, die gegen eine feindliche Besatzung kämpft, aber dieselbe Unterstützung einer anderen Seite zu verweigern, obwohl diese dasselbe tut, ist heuchlerisch, wenn die Unterstützung tatsächlich für das Recht der Menschen auf Selbstbestimmung beruht.

In Wirklichkeit bietet das Imperium nur jener Seite Unterstützung, wenn dort jeweils seine Interessen vertreten werden. Die Ukraine zu unterstützen, fördert die strategischen Interessen der USA gegenüber Russland. Israel zu unterstützen, fördert die strategischen Interessen der USA gegenüber Iran und Syrien. Das ist überhaupt nicht heuchlerisch von den USA, es ist vollkommen konsequent. Das Imperium greift auf die für sich bequemste Art und Weise nach Macht und Kontrolle, in perfekter Übereinstimmung mit seinen tatsächlichen Werten.

Ein Heuchler zu sein ist an sich auch kein großes Übel, wir sind alle in gewisser Weise ein bisschen heuchlerisch. Ein absolut großes Übel jedoch ist, auf der ganzen Welt Gewalt und Zerstörung zu verbreiten, um damit die Vorherrschaft auf diesem Planeten anzustreben.

Deshalb müssen diese Widersprüche beleuchtet werden. Nicht, um zu zeigen, dass das Imperium und seine Verbündeten Heuchler sind, sondern um die weitaus größeren Übel aufzuzeigen, die sich hinter diesen Widersprüchen verbergen.

Aus dem Englischen

Caitlin Johnstone ist eine unabhängige Journalistin aus Melbourne, Australien. Ihre Webseite finden Sie hier ‒ auf Twitter/X kann man ihr unter @caitoz folgen.

Mehr zum Thema – Vom Rassismus deutscher Politik – Israel und Ukraine

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.