Meinung

Auch Zwerge können sterben! Kleines Deutschland will ganz groß rauskommen

Außenministerin Baerbock teilte nach dem Tod der ehemaligen US-Außenministerin Madeleine Albright mit: "Auch ich stehe heute auf ihren Schultern". Uli Gellermann fragt sich nun, welchen symbolischen Schulterschluss wohl die Bundesministerin der Verteidigung Lambrecht als Motivation anvisiert.
Auch Zwerge können sterben!  Kleines Deutschland will ganz groß rauskommen© picture alliance / Kontributor

Von Uli Gellermann

Da kommt die Verteidigungsministerin Lambrecht aus Mali zurück, wo sie nichts zu suchen hat und fährt mal eben in die Slowakei, wo sie "beste Freunde, beste Partner" findet. Klar, die Slowakei ist in der NATO, und wo NATO draufsteht, da ist die Ukraine-Front drin: Die Slowakei hat dreißig Schützenpanzer sowjetischer Bauart an die Ukraine geliefert. Dafür bekommt sie im sogenannten Ringtausch fünfzehn "Leopard 2" aus Deutschland. Das findet die Lambrecht total gut, denn "die Slowakei hat ihr Luftverteidigungssystem sehr, sehr früh an die Ukraine abgegeben, das S-300". Solche wie Lambrecht machen brav ihren NATO-Job, dass es auch deutsche Interessen gäbe, zum Beispiel jene, sich aus dem US-Krieg gegen Russland rauszuhalten, kommt denen nicht in den Sinn.

Ein Angebot, das Polen nicht ablehnen kann

Den Polen hat Lambrecht schon ein Angebot gemacht, das sie nicht ablehnen konnten: Man nimmt die Verlegung einer Flugabwehrbatterie vom Typ Patriot von Deutschland nach Polen dankend an. So verschiebt man diese Waffe, in deren drohendem Schatten sich besser angreifen lässt, näher an die Ostfront, näher an Russland. NATO-Generalsekretär Stoltenberg hat schon seinen Segen gegeben: Er begrüßte, dass Berlin "Patriot"-Systeme an Warschau liefern wollte. Das sei ein Beitrag zum Schutz Polens gegen mögliche russische Raketenangriffe. Und man könne die Waffe auch direkt an die Ukraine weitergeben. Dass die Russen, außer im Verteidigungsfall, keine Angriffe auf Polen beabsichtigen, ist doch der NATO-Propaganda egal.

Ein Ferrari des Todes

Wer soll das alles bezahlen? Die NATO-Staaten haben ihre Kriegskasse verstärkt und sich auf eine deutliche Erhöhung der "Gemeinschaftsausgaben" verständigt. Nach Angaben des Bündnisses wird das zivile Budget im kommenden Jahr um rund 28 Prozent auf 370,8 Millionen Euro steigen, das Militärbudget um rund 26 Prozent auf 1,96 Milliarden Euro. Und wenn die FAZ ihren jüngsten Beschaffungs-Artikel so überschreibt: "Deutschland kauft F-35 – Ein Ferrari für Lambrecht", dann schreibt sie Klartext: Bei dieser Bestellung handelt es sich um fünfunddreißig moderne amerikanische F-35, deren Besonderheit darin besteht, dass sie für das gegnerische Radar schwer zu erkennen sind. Unterhalb des Radars ist gut und noch schneller anzugreifen. Der "Ferrari" des Todes erhöht die Kriegsgefahr.

Japan kann feindliches Territorium angreifen

Mit dem Ukraine-Ticket fährt Deutschland, im Gefolge der USA, in Richtung Imperialismus. Natürlich sitzen die Bundeswehr-Stäbe und die Lambrecht oder Scholz nicht am Steuer dieser Fahrt. Aber die Deutschen zahlen und werden im Zweifelsfall an der neuen Ostfront auch sterben. Auf ihren Grabkreuzen könnte dann mit Recht stehen: Gefallen im Interesse der USA. Denn die USA wollen den ukrainischen Krieg zu einem deutschen Krieg machen, um den eigenen Welt-Spielraum zu vergrößern. Längst haben die USA ihren größten internationalen Konkurrenten und Gläubiger anvisiert, die Volksrepublik China. Das mit den USA verbündete Japan rüstet gerade auf: Das Land will rund 300 Milliarden Euro in den kommenden fünf Jahren für Waffen ausgeben. Für den Rüstungsgsexperten Kiyoshi Sugawa von der Hatoyama-Stiftung ist der Fall klar: "So wie die Rückschlagfähigkeit künftig ausgelegt wird, kann Japan feindliches Territorium angreifen".

Der Feind ist China

Das scheinbar nebulöse "feindliche Territorium" ist natürlich China. Jenes China, das schon der historische Feind des faschistischen Japans war. Die Kriegsverbrechen der japanischen Besatzer in der damaligen chinesischen Hauptstadt Nanking im Dezember 1934 wurzeln tief in der chinesischen Erinnerung: 300.000 Zivilisten und Kriegsgefangene ermordete die japanische Soldateska, rund 20.000 Mädchen und Frauen wurden damals von den japanischen Truppen vergewaltigt. Das Verbrechen ist bis heute ungesühnt. Auch deshalb will die führende japanische Clique an der Seite der USA die "Rückschlagfähigkeit" des Landes sichern: Erst der sichere "Rückschlag" macht den Erstschlag denkbar.

Japan in der Koalition der Willigen

Bei ihrem Gipfeltreffen im Juni 2021 hatten die Staats- und Regierungschefs der NATO-Staaten ihre Position zu China klargemacht: Das Land stelle "eine systemische Herausforderung für die regelbasierte internationale Ordnung" dar. "Regelbasiert" meint die Regeln der USA, die mithilfe der NATO weltweit durchgesetzt werden sollen. In der "Koalition der Willigen" des NATO-Kriegs gegen den Irak findet sich auch Japan. Die USA haben schon früh damit begonnen, ihren Partner im Kampf gegen China in Position zu bringen. Aus dem Weißen Haus ist zu erfahren: "Die Volksrepublik China ist (…) der einzige Mitbewerber, der sowohl die Absicht hat, die internationale Ordnung umzugestalten, als auch zunehmend über die wirtschaftliche, diplomatische, militärische und technologische Macht verfügt, um dieses Ziel voranzutreiben". So wird ein Feind kreiert.

Wenn Leben bleibt, wird es schrecklich sein

In dieser internationalen Situation reist die deutsche Verteidigungsministerin von einem Krieg in Mali zu einem Kombattanten des Ukraine-Kriegs und macht sich wichtig: Der deutsche Zwerg glaubt sich auf den Schultern der USA großmächtig und scheint zu vergessen, dass auch Zwerge sterben können. In jenem Weltkrieg, den die USA in ihrem imperialen Wahn offenkundig anstreben, wird kein Stein auf dem anderen bleiben. Wenn noch Leben bleibt, wird es schrecklich sein.

Uli Gellermann ist Filmemacher und Journalist. Seine Erfahrungen mit den öffentlich-rechtlichen Sendern grundieren seine Medienkritik. Er ist Herausgeber der Internetseite RATIONALGALERIE.

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