Meinung

Der ukrainische Drohnenangriff auf russische Flugplätze beerdigt die laufenden Verhandlungen

Hinter den Kulissen wurde zuletzt wieder intensiv um eine Feuerpause in der Ukraine und das Einfrieren des Konflikts verhandelt. In einigen Aspekten standen die Verhandlungen bereits kurz vor einem Durchbruch. Der ukrainische Angriff auf Militärflugplätze tief in Russland setzt all dem ein Ende.
Der ukrainische Drohnenangriff auf russische Flugplätze beerdigt die laufenden VerhandlungenQuelle: Gettyimages.ru © Jeff J Mitchell/Getty Images

Von Tatjana Montjan

Das Speckreich (so bezeichnet Montjan das derzeitige Kiewer Regime – Anm. d. Red.) prahlt in den sozialen Medien, dass die Angriffe auf Militärflugplätze in Rjasan und Saratow sein Werk waren. So schreibt beispielsweise Mischa Podoljak, der für die Öffentlichkeitsarbeit von Selebobus (Spitzname von Wladimir Selenskij – Anm. d. Red.) verantwortlich ist, offen, dass die Angriffe "unbekannter" Drohnen auf die Flugplätze als Vergeltung für die von dort aus gegen die Ukraine geflogenen Bombereinsätze erfolgten.

Im Prinzip sind Militärflugplätze ein legitimes militärisches Ziel, und das Speckreich dafür zu verurteilen, dass es sie angreift, wäre albern. Alle Fragen sind an diejenigen, die für ihre Sicherheit verantwortlich sind, zu richten. Aber das ist nicht das, worum es mir jetzt geht.

Die Sache mit den Angriffen auf die beiden russischen Flugplätze ist ähnlich der Geschichte mit dem Sprengstoffanschlag auf die Krim-Brücke. Die russische Reaktion damals war offensichtlich und vorhersehbar: groß angelegte Angriffe auf alles Mögliche in der Ukraine.

War der Angriff auf die Krim-Brücke sinnvoll? Nein. Es handelte sich um eine reine PR-Aktion, die Russland weder militärisch noch logistisch oder wirtschaftlich nennenswerten Schaden zufügte. Doch als Reaktion darauf verlor die Ukraine die Hälfte ihres Stromnetzes, und die Menschen waren 12 oder sogar 18 Stunden lang ohne Strom. 

Wurde Russland durch den Drohnenangriff auf seine Flugplätze ein echter Schaden zugefügt? Es heißt, dass dort mehrere Bomber beschädigt oder zerstört und mehrere Menschen getötet wurden. Ein paar Flugzeuge von mehreren hundert. Russland hat einen Imageschaden erlitten, und das Speckreich hatte ein paar Stunden Zeit, sich daran zu ergötzen. Doch Russland reagierte mit dem vorhersehbaren Start von Hunderten Raketen, was die ohnehin schon kritische Energiesituation in der Ukraine weiter verschärfen und das Leben der einfachen Menschen noch unerträglicher machen wird.

Was nützen solche PR-Aktionen von Selenskij, wenn die Ukraine dadurch unverhältnismäßig mehr verliert als Russland?

Selenskij torpediert methodisch und hartnäckig jeden Versuch, die aktiven Feindseligkeiten einzustellen und den Konflikt einzufrieren. Die Inbetriebnahme der Ammoniak-Pipeline von Russland nach Odessa, zu der er von den Vereinigten Staaten überredet wird, wofür niemand Geringeres als Victoria Nuland persönlich nach Kiew kam, ist allein durch diese Aktion wieder unrealistisch geworden. Und damit auch die Freigabe der Ausfuhr von russischen Düngemitteln und landwirtschaftlichen Erzeugnissen.

Eine einzige scheinbar sinnlose Aktion setzt all den mehrgleisigen und hinter den Kulissen stattfindenden Verhandlungen zwischen dem Kreml und seinen "geschätzten westlichen Partnern" ein abruptes Ende. Selebobus und seine britischen Gönner scheren sich einen Dreck um den Hunger in der Welt und das Leid der einfachen Leute.

Nun würde ich von russischer Seite gerne einige wirklich effektive  Maßnahmen sehen, zum Beispiel das Ende der Ausfuhr ukrainischer Agrarprodukte. Rein aus humanitären Gründen – um die kommende Hungersnot in der Ukraine zu verhindern. Russland könnte im zehnten Monat des Krieges zudem aufhören, Öl und Gas durch die Ukraine zu pumpen, anstatt nur die Lichter in den Häusern der einfachen Ukrainer auszuschalten. 

Ob Russland zu solch "radikalen" Maßnahmen fähig ist, das ist die spannende Frage für die nächsten Wochen.

Tatjana Montjan ist eine prominente ukrainische Rechtsanwältin und Strafverteidigerin, Publizistin und Bloggerin mit Millionenpublikum. 2004 noch auf der Seite des ersten Maidan, bezeichnete sie den Maidan im Herbst 2013 als Zerstörung der ukrainischen Staatlichkeit und stellte sich entschieden gegen diesen. Vor Beginn der russischen militärischen Intervention musste sie Kiew verlassen, nachdem sie vor der UNO über die Zustände in der Ukraine gesprochen hatte. Derzeit lebt sie im Donbass, engagiert sich für humanitäre Hilfe und führt tägliche Videoblogs. Man kann ihr auf ihrem Telegram-Kanal folgen. Ihr Kanal auf Youtube wurde im Frühjahr durch das US-Unternehmen gelöscht. 

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