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Posttraumatisches Syndrom in Nordmazedonien: Echte Hoffnungen und leere Versprechen aus Brüssel

Die Mehrheit der Bevölkerung hadert mit den Versprechungen der EU, die ihnen für ihre tiefgreifenden Eingeständnisse wie die Änderung ihres Ländernamens oder der Verfassung gemacht wurden. Noch immer hat Nordmazedonien eine der schwächsten Volkswirtschaften in Europa.
Posttraumatisches Syndrom in Nordmazedonien: Echte Hoffnungen und leere Versprechen aus Brüssel© Marinko Učur

Eine Analyse von Marinko Učur

Nordmazedonien, das zweitärmste Balkanland (nach Albanien), hat die Floskel über die "europäische Zukunft" satt. Mit ihrem Durchschnittsgehalt von 537 Euro und wegen der hohen Inflation fühlen sich die Bewohner dieses Landes zunehmend im Stich gelassen. Vergeblich änderten sie den Namen des Landes und gaben den Albanern konstituierende Rechte, die in der Verfassung verankert sind. Es scheint jedoch, dass all dies vergeblich war.

Große Hoffnungen und leere Versprechungen

Frustrierte Anwohner fühlen sich von der Regierung betrogen, von der sie ohne Referendum in die Arme des NATO-Paktes "getrieben" wurden, und die sie zwang, einst die Veränderung des Aussehens der Nationalflagge und kürzlich die des Namen ihres Staates zu akzeptieren. Die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien (FYROM) – das Land wurde mit diesem Namen in die UNO aufgenommen – wurde nach einem langjährigen Streit mit Athen und auf Drängen Brüssels plötzlich zu Nordmazedonien.

Die Unzufriedenheit darüber ist auf Schritt und Tritt sichtbar. Auf der einzigen Autobahn des Landes, die im Norden nach Serbien und im Süden nach Griechenland führt, sind die mit dem auferlegten Namen versehenen Verkehrsschilder mit schwarzer Farbe übermalt.

Der internationale Verkehrskorridor E75, den die Mazedonier aufgrund griechischer Erpressungen nach "Alexander von Mazedonien" benannt hatten, musste im Jahr 2018 einen neuen Namen bekommen und wurde so gegen allgemeinen Widerstand zur Autobahn "Freundschaft". Wie "freundlich" dies von der Öffentlichkeit aufgenommen wurde, bestätigen die Schilder, auf denen der neue Name mit schwarzer Farbe übermalt wurde. Auch alle Markierungen, die darauf hindeuten, dass das Namensänderungsprojekt von der Europäischen Union finanziert wurde, wurden zerstört.

Nicht nur die Alexander dem Großen gewidmete Autobahn musste umbenannt werden, auch der Flughafen in der Hauptstadt Skopje verlor den Namen dieses berühmten Militärführers, den sowohl Griechen als auch Mazedoniern für sich beanspruchen. Der "Internationale Flughafen Skopje" ist die neue Bezeichnung des bisher nach "Alexander von Mazedonien" benannten Flughafens, was offensichtlich für die Griechen und Brüssel akzeptabel ist, Skopje hingegen in dieser Weise nur mit leeren Versprechungen eine europäische Perspektive garantierte.

Zugeständnisse an Bulgaren und Albaner – und für die Mehrheit der Mazedonier nur eine Hoffnung

Insbesondere den Albanern wurde Rechnung getragen, die den offiziellen Ergebnissen der Volkszählung zufolge 29,52 Prozent der Nordmazedonier im In- und Ausland ausmachen, womit sie nach der Mehrheit der Mazedonier die zweitgrößte Ethnie sind. Auf dieser Grundlage erhielten sie erheblich größere nationale Rechte, durch welche ihnen verfassungsrechtliche Schutzmechanismen und die Zweisprachigkeit, die überall zu finden ist, gesichert wurden.

Man gewinnt den Eindruck, dass es den ethnischen Mazedoniern, zu denen sich 54,21 Prozent der Bevölkerung zählen, am schlechtesten in ihrem eigenen Land ergeht, weshalb ihre Frustration groß ist. Sie sind sich der Tatsache bewusst, dass ihre Zahl in diesem fragilen Staat in Zukunft unter 50 Prozent fallen könnten, was sie in die Arme der albanischen Gelüste oder Bulgariens treiben würde. Sofia erkennt die mazedonische Nation und Sprache de facto nicht an und behauptet, dass Mazedonier tatsächlich Bulgaren seien.

In einem solchen Kräfteverhältnis, im feindseligen Umfeld Bulgariens, Griechenlands und Albaniens akzeptierten die Mazedonier die Vormundschaft Brüssels. Damit schränkten sie den Handlungsspielraum für das Überleben ihres Landes weiter ein, den sie bereits zuvor nicht hatten und der im Wesentlichen von der ehemaligen jugoslawischen kommunistischen Regierung für sie geschaffen worden war.

Eurofanatismus verliert an Intensität und weicht einer Skepsis

Die Bürger Nordmazedoniens haben erkannt, dass europäische Versprechungen nur Lippenbekenntnisse sind. Ihre Enttäuschung haben sie in zahlreichen Umfragen öffentlich zum Ausdruck gebracht, und eine vom Institut "Societa Civilis" durchgeführte Umfrage zeigt, dass nur 13,1 Prozent der Bürger die EU als Nordmazedoniens größten Verbündeten ansehen. Nur wenige Jahre zuvor lag dieser Prozentsatz noch bei 43,2 Prozent.

Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger Nordmazedoniens lehnen die Möglichkeit eines EU-Beitritts des Landes nicht ab, sind sich jedoch der Tatsache bewusst, dass die Regierungsparteien sie in der Vergangenheit regelmäßig missbraucht haben, weshalb ihre Geduld nun am Ende ist. Sie hofften, dass der NATO-Beitritt die Chance auf einen Beitritt zur Europäischen Union zumindest geringfügig erhöhen würde, aber auch das erwies sich als vergebliche Hoffnung.

"Die NATO ist für sich da, nicht für uns", sprach mich ein Beamter an der Mautstelle der Autobahn "Freundschaft" resigniert an, während ich das zerstörte Verkehrsschild am Straßenrand fotografierte, das für sich über den Grad der Unzufriedenheit der Bürger mit den Lösungen spricht, durch die die nationale Souveränität Mazedoniens und die Kontinuität ihres Staates ausgelöscht werden.

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