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RT-Chefin Margarita Simonjan: Kompromisslosigkeit des Westens kann in einem Atomkrieg enden

RT-Chefin Margarita Simonjan hat am Sonntag in einem Interview mit einem Moskauer Fernsehsender berichtet, dass die polnische reguläre Armee inzwischen im Donbass an Kampfhandlungen beteiligt sei. Dies könnte ihrer Ansicht nach einen Atomkrieg auslösen.
RT-Chefin Margarita Simonjan: Kompromisslosigkeit des Westens kann in einem Atomkrieg enden© TW Zentr

Die Chefin des RT-Medienkonzerns, Margarita Simonjan, stellte sich am Sonntag einer kontroversen Debatte im Sender TWZ. Das Format der Talkshow "Das Recht zu wissen" sieht vor, dass sich ein Hauptgast, diesmal Simonjan, den Fragen von vier Journalisten unterschiedlicher Auffassungen stellt. Unter den Fragenden war diesmal Maxim Jussin, ein bekannter Journalist der Zeitung Kommersant. Gemessen an den deutschen medialen Maßstäben könnte er als ein eher prowestlich eingestellter "Ukraine-Versteher" bezeichnet werden.

Jussin machte Simonjan zum Vorwurf, sie spreche in letzter Zeit häufig von der Perspektive eines Atomkrieges. Er berief sich dabei auf einen befreundeten Reporter aus dem Westen, der darin einen "Todeskult" ausmachte. Jussin behauptete, Simonjan habe sich freudvoll über die Vernichtung der Welt geäußert.

Da Simonjans Antwort angesichts darin enthaltener, bislang wenig bekannter Informationen unter anderem dazu, dass Polen bereits mit seiner regulären Armee in Kampfhandlungen im Donbass involviert ist, von besonderer Wichtigkeit ist, geben wir die Antwort nachfolgend mit nur wenigen Kürzungen wieder. 

Margarita Simonjan: "Maxim, Sie wenden einen absolut verbotenen, unlauteren Trick an. Sie zitieren eine Rede, die nie gehalten wurde. So etwas habe ich nie gesagt. Meine Worte werden in den westlichen Medien, die er (der von Jussin zitierte befreundete Journalist - d.Red.) vielleicht gesehen hat, regelmäßig verdreht. Oder Sie müssen genau den Clip zeigen, von dem Sie sprechen, und mich zwingen, mich zu rechtfertigen. Ich bin Christin, ein gläubiger Mensch und Mutter von sehr kleinen Kindern. Wie kann ich ihnen den Tod wünschen? Wie kann man sich das vorstellen? Nun, das ist Blödsinn. Muss ich mich rechtfertigen, dass ich mich nicht zu einem Todeskult bekenne, wie Sie behaupteten? Muss ich Ihnen auch noch beweisen, dass ich nicht das Blut amerikanischer Babys trinke?

Wenn ich von einem Atomkrieg spreche, sage ich das immer in demselben Zusammenhang: Dass ich als jemand, der die Ereignisse analysiert, unter den gegebenen Umständen keinen anderen Ausgang sehe als entweder unseren Sieg oder einen eventuellen Atomkrieg.

Warum sehe ich kein anderes Ende? Ich sage nicht, dass ich glücklich darüber bin und dass es das ist, was ich will. Natürlich möchte ich, dass es einen Kompromiss gibt. Natürlich möchte ich, dass (der Krieg) endet und es irgendwie aufhört. Aber ich sage Ihnen, dass es (anders als durch den russischen Sieg oder einen Atomkrieg – d. Red.) unmöglich enden wird, so scheint es mir als Außenstehender. Nicht ich mache es so, dass es unmöglich ist, es ist (objektiv) so eingerichtet, dass es unmöglich ist. Denn der Westen und die Ukraine, angeführt vom Westen, insbesondere angeführt von Amerika und Großbritannien, werden niemals einem Kompromiss zustimmen außer der Rückgabe nicht nur unserer neuen Territorien, sondern auch der Krim. Sie werden niemals mit weniger als diesem einverstanden sein.

Und sie (USA und Großbritannien – d. Red.) haben keinen Grund, keine Motivation, irgendeinen Kompromiss einzugehen. Dieser Krieg findet nicht auf ihrem Territorium statt, sie profitieren nur von diesem Krieg. Sie haben einen wachsenden, militärisch-industriellen Komplex, ihre Wirtschaft boomt. Sehen Sie, die Weltwirtschaftskrise haben sie durch den Zweiten Weltkrieg überwunden. Damit will ich nicht sagen, dass sie ihn organisiert haben: Sie hatten Glück. Wir hatten kein Glück (mit dem Krieg), sie schon. Sie wären nie aus der Depression herausgekommen, egal wie begabt Roosevelt war oder wie er sich bemüht hat, aber sie steckten seit 1929 in der Depression fest, sie waren 1939 immer noch nicht aus ihr heraus, obwohl alle Möglichkeiten, aus ihr herauszukommen, da bereits versucht und ausgeschöpft waren. 

Sie (der Westen und die Ukraine – d. Red.) werden nicht nachgeben. Und was werden wir tun, Maxim? Geben wir die Krim (der Ukraine) zurück? Können Sie sich vorstellen, dass wir die Krim zurückgeben? Stellen Sie sich vor, Putin tritt vor die Presse und sagt: 'Tut uns leid, es hat nicht geklappt, wir geben die Krim zurück?' Können Sie sich vorstellen, dass das möglich ist?"

Maxim Jussin: "Es geht um die Vernichtung des gesamten Planeten, einschließlich unserer Kinder. Oder eine Kompromisslösung wie ein weiteres Referendum. Wir sind sicher, dass die Krim-Bewohner dafür stimmen werden, Teil Russlands zu bleiben."

Simonjan: "Und wer ist dagegen?"

Jussin: "Nun, ich denke, dass die Westler dem auch zustimmen werden. Das ist der Kompromiss, der den Planeten retten wird."

Simonjan: "Machst du dich lustig? Maxim, du hörst mir nicht zu. Du schlägst Kompromisse vor, ich kann dir weitere 35 vorschlagen, 80 sogar. Ich stimme dir zu: Ein Referendum wäre ideal. Und natürlich würden wir uns darauf einlassen, sofort. Verstehen wir das Ergebnis nicht, zweifeln wir an den Krim-Einwohnern? Ich habe dir gerade erklärt, dass der Westen diese Kompromisse nicht eingehen wird. Niemals. Sie wollen sie nicht. Es ist offensichtlich, man muss es nur verstehen und akzeptieren.

Wir würden Kompromisse eingehen, wie zum Beispiel das Referendum. Aber wir werden keine 'Kompromisse' wie die Rückgabe der Krim eingehen, denn das ist kein Kompromiss, sondern eine Katastrophe für uns.

Ich weiß nicht, wie es sonst enden kann: Entweder mit dem, was wir als unser absolutes Minimum betrachten. Meines Erachtens besteht das Minimum darin, die neuen Gebiete, die wir haben, zu behalten. Und darüber hinaus kann man nach Kompromissen suchen: Was wird aus Kiew, was ist mit der Entmilitarisierung, was ist mit der Entnazifizierung, was beinhaltet sie. Aber die Krim aufgeben?

Ich sage nicht, dass ein Atomkrieg besser ist, ich sage nur, dass es das nicht geben wird. Als Frau und Mutter wünschte ich mir, es hätte gar keinen Krieg gegeben und alles wäre in Ordnung gewesen, und man hätte alles mit anderen Druckmitteln gelöst.

Ich habe heute mit unseren Kriegsreportern gesprochen, die frisch von dort zurückgekehrt sind. Sie sagen mir: 'Margarita, wir sehen es doch mit eigenen Augen'. Es gibt überhaupt keine Ukrainer mehr an der Front, an der schrecklichsten Front, an den Stellen, wo sie früher waren. Dort gibt es nur Polen. Mehr noch: Es sind polnische reguläre Truppen, die sich offiziell in einem Urlaub befinden. Und meine Kriegsberichterstatter wissen das.

Was bedeutet das? Das bedeutet, dass wir uns bereits in einem direkten Krieg mit einem NATO-Land befinden. Unmittelbar. Es gibt jetzt fünfzehntausend polnische reguläre Truppen dort. Und wenn es Hunderttausende werden? Wir werden Polen nicht angreifen? Wenn sie von dort aus Druck auf uns ausüben? Werden wir nicht? Vielleicht werden wir das auch – ich weiß es nicht. Die Situation entwickelt sich direkt vor unseren Augen. Wir befinden uns jetzt im Krieg mit der polnischen regulären Armee, und das wissen wir bereits. Was werden wir dagegen tun?

Ich spreche nur in diesem Zusammenhang von einem Atomkrieg. Wollen die Russen Krieg? Sie wollen ihn natürlich nicht, weder den Atomkrieg noch irgendeinen anderen Krieg."

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