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NATO-Generalsekretär in Berlin: Welt braucht "bereite Bundeswehr" und Rüstungsindustrie

Der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hielt am Donnerstagmorgen bei der Berliner Sicherheitskonferenz eine Rede, bevor er am Nachmittag mit dem Bundeskanzler Scholz und der Bundesministerin für Verteidigung zusammentraf. Die Bundeswehr solle eine Hauptrolle spielen.
NATO-Generalsekretär in Berlin:  Welt braucht "bereite Bundeswehr" und RüstungsindustrieQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/ / Global LookPress

Im Anschluss an ein NATO-Außenministertreffen in Bukarest, auf dem sich die Bündnispartner verpflichteten, ihre Unterstützung für die Ukraine und die beispiellose Aufrüstung der NATO fortzusetzen, brachte der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg seine Botschaft persönlich auch nach Deutschland, dem bei der aktuellen Mission eine besondere Rolle zukommen solle. Auf der Berliner Sicherheitskonferenz betonte der NATO-Generalsekretär am Donnerstag, dass eine starke und einsatzbereite Bundeswehr mit Spitzenfähigkeiten in allen Bereichen sowie eine "robuste Verteidigungsindustrie" für die Sicherheit Deutschlands, Europas und der Welt wichtig seien.

Der frühere norwegische Premierminister erklärte am Donnerstag, warum es angemessen sei, insbesondere von deutschen Bürgern jetzt und in den kommenden Jahren über die bereits geleistete finanzielle und militärische Unterstützung hinaus eine massive militärische und finanzielle Ausstattung der Ukraine als eines Staates, der kein NATO-Mitglied ist, zu verlangen.

Zwar gestand Stoltenberg ein, dass die Aufrüstung und der Krieg in der Ukraine bereits jetzt den Menschen weltweit einen hohen Tribut abverlangt und auch für die Deutschen mit hohen zusätzlichen Kosten verbunden ist. Doch folgt seine Argumentation der Logik, dass es nun um die existenzielle Frage gehe und vor allem auch die Deutschen alles für eine russische Niederlage geben müssten. Investitionen in immer weitere Kampfflugzeuge, Hubschrauber, Schiffe und U-Boote seien von historischer Dimension und wahrlich ein Wendepunkt. Doch man reagiere damit ja lediglich auf die geänderte Sicherheitslage nach dem "russischen Angriffskrieg in der Ukraine", so Stoltenberg.

Dass die Ukraine nicht einmal einen NATO- oder EU-Mitgliedsstatus hat, erwähnte der NATO-Chef nur noch am Rande. Doch bemühte er hier einen anderen Grundsatz als Rechtfertigung, nämlich die Selbstverteidigung, die nach der UN-Charta das Recht jedes Landes sei und bei dem man – wohl ohne Blick auf jede Verhältnismäßigkeit – dieses Land an der russischen Grenze unterstütze, weil andernfalls ein Sieg Russlands auch eine Bedrohung für die NATO und die Weltordnung bedeuten würde.
Der Preis sei zwar bereits jetzt hoch für die Menschen, doch er würde noch steigen, wenn Aggressoren gewinnen oder Autokratien über Freiheit und Demokratie siegen würden. Und das könne man nicht zulassen, dafür müsse vor allem die deutsche Volkswirtschaft sorgen, die trotz Straucheln von Stoltenberg doch als stark bezeichnet wurde. "Wir brauchen eine starke und bereite Bundeswehr", sagte der Norweger. "Das ist wichtig für Deutschlands Sicherheit. Es ist wichtig für Europas Sicherheit, und es ist wichtig für die weltweite Sicherheit." Dabei unterstrich er auch die Bedeutung der deutschen Rüstungsindustrie.

"Russland nicht unterschätzen"

Die bereits geleistete finanzielle, humanitäre und militärische Hilfe aus Deutschland begrüßte er: "Den Unterschied, den dies macht, sehen wir jeden Tag auf dem Gefechtsfeld."
Einen Grund, in naher Zukunft andere Haushalts-Schwerpunkte zu setzen und nicht noch weiter aufzurüsten sieht der NATO-Sprecher aber auch darin nicht, denn: "Wir sollten Russland nicht unterschätzen."
Russische Raketen und Drohnen gingen weiter auf ukrainische Städte, Zivilisten und die kritische Infrastruktur nieder und lösten großes menschliches Leid aus, während der Winter schon beginnt, so die grobe Darstellung der Lage im Kriegsgebiet.

Stoltenberg dankte Deutschland für seine tatkräftige Unterstützung der Ukraine und dafür, dass es eine "entscheidende Rolle" bei der Stärkung der Bündnisverteidigung spielt, unter anderem durch die historische Entscheidung der Bundesregierung, die Verteidigungsausgaben erheblich zu erhöhen. Angesichts des nun einbrechenden Winters müsse die Hilfe für die Ukraine fortgesetzt und sogar weiter verstärkt werden.

Bereits im vergangenen Jahr hatten gesamten Militärausgaben weltweit mit 2,1 Billionen US-Dollar ein Allzeithoch erreicht, und das trotz der wirtschaftlichen Krise infolge der Corona-Pandemie. "Trotz der wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie haben die weltweiten Militärausgaben ein Rekordniveau erreicht", kommentierte Dr. Diego Lopes da Silva, leitender Forscher des SIPRI-Programms für Militärausgaben und Rüstungsproduktion. Dabei war Deutschland im zweiten Jahr der Pandemie bereits das Land mit dem drittgrößten Rüstungsbudget in Mittel- und Westeuropa in Höhe von umgerechnet 56,0 Milliarden US-Dollar. Zwar hat die Inflation ihr Übriges bewirkt, die Summe im Vergleich zum Vorjahr um 1,4 Prozent zu schmälern. Und auch die von der NATO am Bruttoinlandsprodukt angestrebte Zielmarke von 2 Prozent wurde demnach unterschritten.

Auch das im Frühjahr dieses Jahres als Zeitenwende verkündete sogenannte Sondervermögen im Umfang von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr, mit dem der Gesetzgeber sich einen Freifahrtschein zur Überschreitung der verfassungsmäßigen Schuldenbremse zwecks Aufrüstung gegeben hat, reicht der NATO offenkundig noch nicht. Sowohl für die zunehmend belasteten deutschen Steuerzahler als auch die Bürger anderer NATO-Mitgliedsländer sollen die Anteile der Militärausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) stetig weiter steigen. Die Rüstungsindustrie und die daran beteiligten Finanzkonglomerate dürften am Donnerstag erneut applaudiert haben. 

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