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Niederländisches Gericht verurteilt drei der vier Angeklagten im MH17-Verfahren zu lebenslänglich

Das Strafgericht im niederländischen Schiphol hat am Donnerstag das Urteil in dem den Abschuss der MH17 im Juli 2014 betreffenden Strafverfahren gegen mehrere Militärs der Donezker Volksrepublik verkündet. Es sprach drei der Angeklagten der Beteiligung am 298-fachen Mord für schuldig. Den Angeklagten Pulatow sprach das Gericht frei.

Das niederländische Strafgericht in Schiphol hat am Donnerstag das Urteil in dem Strafverfahren gegen mehrere Militärangehörige der Volksrepublik Donezk, die der Beteiligung am Abschuss des MH17-Fluges im Sommer 2014 über dem Donbass beschuldigt werden, verkündet. Es sprach drei der Angeklagten, darunter den als Strelkow bekannten Oberst a. D. Girkin, der damals Verteidigungsminister der Volksrepublik Donezk (DVR) war, des Mordes in 298 Fällen schuldig und verurteilte sie zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Den Angeklagten Pulatow sprach das Gericht frei.

Das Gericht geht bei der Verkündung die relevanten rechtlichen Fragestellungen Punkt für Punkt durch. Die Frage der Schuld wird erst am Ende der Verkündung beantwortet. Der Vorsitzende hat jedoch vor Beginn der Verkündung bereits mitgeteilt, das Gericht sei überzeugt, dass der MH17-Flug durch eine BUK-Rakete abgeschossen wurde, die aus der Nähe des Ortes Perwomaiskoe abgefeuert worden war. 

Das Gericht sieht Russland als in den zum Zeitpunkt des Abschusses nach seiner Überzeugung bereits laufenden militärischen Konflikt durch eine "umfassende Kontrolle der Organe der DVR" involviert an. Es sieht sich in dem Fall als international zuständig an, weil die Ukraine der Strafverfolgung zugestimmt habe. 

Der Vorsitzende macht der Staatsanwaltschaft Vorwürfe wegen gesetzeswidrigen Umgangs mit den Materialien des Strafverfahrens. Die Materialen seien verfrüht öffentlich gemacht worden, die Anklageschrift habe sich nicht mit entlastenden Umständen auseinandergesetzt. Das betreffe die Rechte der Angeklagten auf ein faires Verfahren, da sie sich einer vorzeitigen öffentlichen Vorverurteilung ausgesetzt sahen. Das Gericht sieht sich jedoch nicht gezwungen, das Strafverfahren deshalb einzustellen. Das gelte auch für andere Verfahrensverstöße und Verstöße gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens. 

Seine Überzeugung zum Abschussort leitet das Gericht aus Fotoaufnahmen der Inversionsspur und Aussagen eines Zeugen zum Entstehungszeitpunkt und -ort dieser Aufnahme her. Zwar deutete diese Aufnahme nur eine grobe Richtung des Raketenfluges an, das Gericht sieht sich dennoch in der Lage, "in Zusammenschau mit anderen Umständen" Perwomaiskoe als Abschussort anzunehmen. Zusätzlich beruft sich das Gericht auf abgehörte Telefonate, die das belegen sollen. Ein weiterer Zeuge (vom Gericht als "Zeuge M85" bezeichnet") hat bekundet, eine mobile BUK-Abschussrampe in der Nähe des Ortes gesehen zu haben, der eine Rakete gefehlt habe.

Die Gegenbeweise, die durch mehrere Sachverständigengutachten des Konzerns Almas-Antei (Hersteller der BUK-Raketen) beigebracht wurden, werden vom Gericht wegen der Staatsnähe des Konzerns zurückgewiesen. Zudem habe Almas-Antei ein Eigeninteresse am Ausgang des Prozesses und sei deshalb kein "unabhängiger Sachverständiger" im Sinne des niederländischen Strafprozessrechts. 

Auch andere Gegengutachten werden vom Gericht zurückgewiesen. Diese hätten "lediglich" die Ergebnisse des Almas-Antei-Gutachtens befürwortet, ohne eine eigene Untersuchung. 

Da das Gericht überzeugt ist, dass eine BUK-Rakete, die aus dem Ort Perwomaiskoe abgeschossen wurde, den MH17-Flug traf, sehe es sich daher auch nicht verpflichtet, alternative Hypothesen wie den Abschuss einer ukrainischen BUK-Rakete aus dem Ort Saroschtschenskoe "exzessiv" zu untersuchen.

Bei der Beurteilung der individuellen Rolle der Angeklagten stützt sich das Gericht auf abgehörte Telefonate, hinsichtlich der es keine Zweifel hat, dass sie echt sind. 

Der Angeklagte Dubinski habe den Transport der BUK-Abschussanlage in den Donbass organisiert, der Angeklagte Chartschenko habe die Befehle von Dubinski beim Transport ausgeführt, der Angeklagte Pulatow habe diesen im Donbass in Empfang genommen. Der Angeklagte Girkin war verantwortlich für den Aufbau des Waffenarsenals der Donezker Volksrepublik und habe die Kämpfe gegen die ukrainischen Truppen befehligt. 

Das Gericht sieht sich nicht in der Lage zu rekonstruieren, wie die Mannschaft der BUK-Anlage gehandelt und wer den Befehl zum Start der Rakete gegeben habe. Es ist dennoch überzeugt, dass der Start absichtlich erfolgte, die Mannschaft aber glaubte, ein militärisches Ziel anzuvisieren. Die Angeklagten genießen nach Auffassung des Gerichts trotzdem keine militärische Immunität, sie haben die BUK-Raketen daher genauso wenig abschießen dürfen "wie jeder andere Bürger". Es mache daher keinen Unterschied, dass die Handelnden ukrainische Militärpiloten töten wollten, auch dies sei ihnen nicht erlaubt gewesen. Nach Auffassung des Gerichts hebe der Irrtum daher die Vorsätzlichkeit der Tötung der MH17-Passagiere und Besatzungsmitglieder nicht auf.

Anders sieht es nach Auffassung des Gerichts hinsichtlich des Angeklagten Girkin aus: Diesem sei nicht nachzuweisen, dass er zum Zeitpunkt des Vorfalls wusste, dass die DVR über eine BUK-Anlage verfügt. Dennoch sei auch ihm der Abschuss zuzurechnen, da er von vorhergehenden Abschüssen ukrainischer Flugzeuge mit anderen Mitteln gewusst habe und nichts dagegen unternommen habe. Er sei in der Lage gewesen, die Handlungen seiner Mitangeklagten zu unterbinden und habe es unterlassen. 

Hinsichtlich des Angeklagten Pulatow sieht das Gericht keinen Nachweis der Beteiligung. Zwar habe er wie der Angeklagte Girkin dem Einsatz von BUK-Luftabwehr nicht widersprochen und nichts dagegen unternommen. Anders als bei Girkin sieht das Gericht bei Pulatow keine organisatorische Stellung in der Befehlskette, mit der er den Einsatz der BUK hätte unterbinden. Pulatow werde vom Gericht daher freigesprochen.

Bei der Strafzumessung hat das Gericht nach seinen Angaben berücksichtigt, dass ein militärisches Flugzeug abgeschossen werden sollte und ein ziviles nur versehentlich abgeschossen wurde. Dennoch verurteilte es alle drei schuldig gesprochenen Angeklagten zu lebenslanger Haft und damit zur Höchststrafe.

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