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Muslimischer Felix Krull: Islamberater der NRW-Landesregierung als Hochstapler angeklagt

Der Angeklagte beriet jahrelang das nordrhein-westfälische Ministerium für Schule und Bildung und pflegt eine enge Verbindung zum türkischen Islamverband DITIB. Der Vorwurf lautet nun: Urkundenfälschung, unbefugter Gebrauch akademischer Grade und Betrug in insgesamt 29 Fällen.
Muslimischer Felix Krull: Islamberater der NRW-Landesregierung als Hochstapler angeklagtQuelle: www.globallookpress.com © Eman Helal Mohamed Bedir

Ein aktueller Artikel der Zeitung Welt fasst zusammen, dass der Angeklagte "sich als ausgewiesener Experte für Islamfragen und türkischen Sprachunterricht präsentiert und spätestens seit 2010 –, erst als pädagogischer Mitarbeiter und dann als externer Berater –, für das Ministerium gearbeitet" hatte.

Zudem wäre er bei Dutzenden Fachkonferenzen aufgetreten und hätte "Interviews als Experte für den interkulturellen Austausch und die türkische Politik" gegeben. Nun hat die Staatsanwaltschaft Duisburg laut Welt-Informationen nach rund zwei Jahren Ermittlungen "Anklage gegen den vermeintlichen Wissenschaftler Ahmet Ü. erhoben". Der Betrug begann jedoch nach aktuellen Welt-Recherchen schon wesentlich früher als bisher bekannt. Bereits im Jahr 2000, so die Anklage, habe sich der Beschuldigte "unter Vorlage eines gefälschten Zeugnisses" bei dem Schulamt der Stadt Duisburg als Lehrkraft beworben und wurde auch angestellt.

Neun Jahre später bewarb sich der muslimische Felix Krull dann erfolgreich bei der Bezirksregierung Düsseldorf als Studienrat im Beamtenverhältnis. Im Zuge dieses Bewerbungsprozesses "habe er gefälschte Zeugnisse über das Bestehen der Ersten sowie der Zweiten Staatsprüfung vorgelegt". Im Juli 2021 wusste die Bild zu berichten:

"Das NRW-Schulministerium trennte sich jetzt von Ahmet Ünalan. Anlass: 'begründete Zweifel in Bezug auf die akademische Laufbahn'. Denn der smarte Duisburger führt den Doktortitel, weist sich selbst als 'Prof. Dr.' aus. Aber: Er ist weder Professor noch ist klar, ob er überhaupt eine Doktorarbeit geschrieben hat. Das Ministerium: 'Hinsichtlich der eingereichten Promotionsurkunde läuft derzeit eine Sachverhaltsaufklärung'."

Erste Recherchen der Welt-Redaktion hatten im Sommer 2021 aufgedeckt, dass der nun Angeklagte "gegenüber dem Ministerium und gegenüber der Universität Duisburg-Essen falsche Angaben gemacht hatte". Des Weiteren log er hinsichtlich einer geplanten Habilitation, angeblichen Publikationen, erhaltene Stipendien und einem vermeintlich getätigten "Job beim Bundespräsidenten".

Im Rahmen seiner Tätigkeit im NRW-Schulministerium war Ünalan demnach "unter anderem an den Gesprächen mit dem umstrittenen türkischen Islamverband DITIB beteiligt". Daraus resultierend wurde der Verband im Mai 2021 "in die neu gegründete Kommission für den islamischen Schulunterricht des Landes aufgenommen", so der Welt-Artikel. In Medienberichten ab Beginn der 2000er-Jahre trat Ünalan demnach als "Vorsitzender von DITIB" in Duisburg oder als "Gründungsvorsitzender" von DITIB im Stadtteil Wanheimerort auf.

DITIB (für "Diyanet İşleri Türk İslam Birliği", auf Deutsch: "Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion") gilt als ein direkter Ableger der obersten türkischen Religionsbehörde Diyanet, die wiederum direkt Präsident Recep Tayyip Erdogan untersteht. Der Verband ist mit mehr als 850 Moscheegemeinden der größte Islamverband in Deutschland.

"Nach eigenen Angaben vertritt er rund 800.000 Muslime", so Informationen der Tagesschau im Jahr 2020. Laut dem Innenministerium in Düsseldorf gibt es insgesamt 850 bis 1000 Moscheevereine in NRW, wobei der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz im Jahr 2021 "114 Moscheen als Anlaufstellen von Islamisten im Visier" hatte. Weiter heißt es diesbezüglich in einem Artikel der Zeit:

"Von den 114, die unter Beobachtung sind, stehen 66 im Verdacht des Salafismus, 19 sollen Verbindungen zur Muslimbruderschaft und teilweise gleichzeitig zu Salafisten haben."

Zur Einweihung der Kölner DITIB-Zentralmoschee reiste der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan im Jahr 2018 persönlich an. Die damalige Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), kommentierte im Anschluss an die erhitzten Diskussionen:

"Wenn religiöse Verbände Teil von Deutschland werden wollen, müssen sie sich eigene Strukturen in Deutschland geben und können nicht Teil von Ankara bleiben."

Im Jahr 2017 ein weiterer Coup des Hochstaplers. "Auf Abordnung des Schulministeriums bewarb er sich an der Universität Duisburg-Essen", so der Welt-Artikel. Hierbei präsentierte der Angeklagte "ein gefälschtes Zeugnis über das Bestehen der Zweiten Staatsprüfung und eine gefälschte Dissertationsbescheinigung". Im Rahmen der damaligen Bewerbung listete Ünalan demnach "auf rund 20 Seiten fingierte Publikationen" sowie wohl tatsächlich gehaltene Vorträge vor einem NRW-Landtagsausschuss auf, etwa im Jahr 2012 zum Thema "Die Einführung des islamischen Religionsunterrichts".

Es folgte unverdrossen im Jahr 2019 eine gefälschte "Bewerbung am Orient-Institut in Istanbul". Im Folgejahr eine weitere Bewerbung "bei der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen als Lehrbeauftragter für die Module Politikwissenschaft und Soziologie". Natürlich unter falschen "Professur-Angaben".

Die Welt-Autoren stellen zum Ende des Artikels vollkommen berechtigt fest:

"Der Fall wirft viele Fragen auf: Wieso fiel jahrelang niemandem die mutmaßliche Hochstapelei auf? Welche Prüfinstanzen gibt es in Ministerien und Universitäten – und warum haben sie versagt?"

Laut jüngsten Welt-Recherchen trat der Hochstapler "erst vor zwei Monaten erneut in einem Video von DITIB als Experte auf". Nachweislich bestünde zudem "ein reger Austausch mit dem türkischen Generalkonsulat und dem Amt für Auslandstürken (YTB), das dem türkischen Außenministerium untersteht".

Im Jahr 2013 wurde Ünalan in einer Publikation des YTB sogar zeitweise als "Beiratsmitglied" gelistet. Die Welt-Autoren fragen im Artikel: "Arbeitete der mutmaßliche Hochstapler also gleichzeitig für ein deutsches Ministerium und den türkischen Staat?". Diesbezügliche Fragen blieben seitens des Verteidigers jedoch unbeantwortet.

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