Deutschland

BND verstößt gegen Grundgesetz – Vereine klagen gegen Überwachungspraxis

Der BND setzt – sogar gegen Journalisten und auch im Inland – unter anderem Staatstrojaner ein, obwohl er ein Auslandsgeheimdienst ist. Dieser deutsche Geheimdienst verstoße laut der "Gesellschaft für Freiheitsrechte" und laut "Reporter ohne Grenzen" weiter gegen das geltende Grundgesetz.
BND verstößt gegen Grundgesetz – Vereine klagen gegen ÜberwachungspraxisQuelle: www.globallookpress.com © Christoph Hardt / IMAGO/ / Global LookPress

Die weltweiten Überwachungsaktivitäten des Bundesnachrichtendienstes (BND) werden erneut zum Gegenstand eines Falles vor dem Bundesverfassungsgericht. Der Gesetzgeber habe sich bei der Reform des BND-Gesetzes zum Teil offen über die Vorgaben aus Karlsruhe hinweggesetzt, teilten die "Gesellschaft für Freiheitsrechte e. V." (GFF) und "Reporter ohne Grenzen" (Reporters sans frontières, RSF) am Donnerstag mit. Außerdem seien neue verfassungswidrige Regelungen aufgenommen worden.

Die beiden Organisationen hätten deshalb gemeinsam erneut eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Sie hatten bereits vor knapp drei Jahren ein wichtiges Urteil zum BND erstritten: Die Verfassungsrichter waren im Mai 2020 zu dem Schluss gekommen, dass die sogenannte "strategische Fernmeldeaufklärung" des deutschen Auslandsgeheimdienstes völlig unzureichend geregelt ist. Damit durchforstet der BND ohne konkreten Verdacht große Datenströme auf ihn interessierende Informationen.

Diese anlasslose Massenüberwachung sollte zwar grundsätzlich möglich bleiben. Die Verfassungsrichter gaben dem Gesetzgeber aber auf, die BND-Befugnisse viel genauer zu regeln und zu begrenzen. Der Staat müsse auch im Ausland die Grundrechte wahren. Demnach könnten sich Menschen auch weltweit auf das Fernmeldegeheimnis und die Pressefreiheit berufen. Deutsche Bürger durften schon vorher nicht auf diese Weise überwacht werden.

Das überarbeitete Gesetz war im März 2021 mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD beschlossen worden. Der Verfahrenskoordinator Bijan Moini von der GFF erklärte, es enthalte "mehr verfassungswidrige Vorschriften denn je".

"Unter dem Deckmantel der strategischen Informationsgewinnung im Ausland darf der BND jetzt zum Beispiel tiefgreifende, auf Einzelpersonen zugeschnittene Überwachungsmittel wie den Staatstrojaner einsetzen, ohne nennenswerte Einschränkungen."

In Deutschland sei dem BND nun das Erfassen sogenannter Maschine-zu-Maschine-Kommunikation erlaubt, also zwischen zwei technischen Geräten. Als Beispiele wurden etwa die Metadaten von Gesundheits-Apps, Online-Banking oder Navigationsdiensten genannt.

In einem anderen Verfahren hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Klage von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und von Reporter ohne Grenzen (RSF) in einem einzigen Termin dazu am Mittwoch abgewiesen, wobei es um die Forderung nach Unterlassung der Überwachung der Kommunikation durch den Bundesnachrichtendienst (BND) mittels Quellen-TKÜ, also mit dem sogenannten Staatstrojaner, ging.

Unter anderem hieß es als Begründung, die Kläger hätten zunächst nachzuweisen, dass sie selbst von der Praxis betroffen seien: Die "Durchführung der Quellen-TKÜ auf vereinseigenen Geräten des Klägers ist nicht hinreichend konkret."

Auch trage der Kläger selbst nicht vor, dass seine eignen Mitarbeiter oder seine Quellen im Verdacht stehen könnten, so dass der BND relevante Straftaten – also mit Bezug auf das Inland – begehen würde.

"Ebenso wenig zeichnet sich hinreichend konkret ab, unter welchen tatsächlichen Voraussetzungen die ausländischen Kommunikationspartner des Klägers derartigen Maßnahmen wegen des Verdachts der Begehung solcher Straftaten mit Inlandsbezug ausgesetzt sein könnten."

Laut "Reporter ohne Grenzen" kommunizieren dessen Mitarbeiter jedoch regelmäßig mit ausländischen Journalisten und Regierungsstellen, woraus sich die Wahrscheinlichkeit ergibt, dass der BND hier Staatstrojaner einsetzt. Der Verein hatte argumentiert, dass es Überlappungen der Interessensgebiete geben könne, dass also betroffene Journalisten zu denselben Themen recherchieren, mit denen auch der BND befasst sei. In Einzelfällen stehe RSF auch in Kontakt zu Personen, die sich im Umfeld von extremistischen Vereinigungen und Organisationen im In- und Ausland bewegten, welche ebenfalls im Fokus des BND stünden. Doch bezüglich der Forderung des Leipziger Gerichts nach Belegen gestalte sich die Angelegenheit angesichts der Geheimhaltung des Geheimdienstes schwierig:

"Beweisen können wir das nur leider nicht, denn der BND informiert uns darüber natürlich nicht", erklärte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr den offenkundigen Verdacht.

Allerdings habe der Gerichtstermin – bei dem das Gericht vier Experten des BND anhörte – den Organisationen die Gewissheit gebracht, dass der BND den Staatstrojaner tatsächlich nutze und die eigene Organisation ebenso wie auch andere Medienschaffende somit potenziell gefährdet seien, vor allem wenn diese mit Zielpersonen des BND in Kontakt stehen.

"Das verletzt den journalistischen Quellenschutz und ist eine echte Gefahr für die Kolleginnen und Kollegen. Unser Ziel ist deshalb nach wie vor ein Verbot des Einsatzes von Staatstrojanern durch den BND gegen unverdächtige Nebenbetroffene."

Insgesamt sehen beide Organisationen bedeutende Grundrechte gefährdet. Nicht nur kann der Auslandsgeheimdienst durch Spähsoftware alle möglichen Apps auf unterschiedlichen Geräten einer Zielperson durchforsten und damit die eigentlich geschützte Privatsphäre systematisch verletzen.
Laut den Organisationen ist damit vielmehr auch die Möglichkeit der Recherchen von Journalisten massiv gefährdet, da Quellen nicht mehr geschützt bleiben sondern unwissentlich in das Fadenkreuz dieses Auslandsnachrichtendienstes geraten könnten. Durch die aktuelle Rechtsprechung sei der Quellenschutz im digitalen Zeitalter nicht ausreichend gewährleistet.

Die Frage, ob der BND auch die berüchtigte israelische Spionagesoftware Pegasus benutzt, wie Recherchen von Süddeutscher Zeitung, Die Zeit, NDR und WDR im Jahr 2021 ergaben, ließ das Leipziger Gericht erst gar nicht zu. Mittels der Pegasus-Software kann sämtliche verschlüsselte wie unverschlüsselte Handykommunikation abgehört und mitgelesen werden.

Laut dem von RSF beauftragten Rechtsanwalt Niko Härting werden die Organisationen aber alle Rechtsmittel ausschöpfen und auch den Gang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) nicht scheuen.

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