Europa

Skopje zwischen Wunsch und Wirklichkeit: Bulgarien bremst Mazedoniens EU-Ambitionen

Zwar wartet Nordmazedonien schon seit 2005 auf eine EU-Mitgliedschaft, doch so richtig voran geht es nicht. Das liegt unter anderem auch an Bulgarien, das einen verfassungsrechtlichen Status für die bulgarische Minderheit in Mazedonien fordert.
Skopje zwischen Wunsch und Wirklichkeit: Bulgarien bremst Mazedoniens EU-AmbitionenQuelle: AFP © Robert Atanasovski

Von Marinko Učur

Obwohl die ehemalige jugoslawische Republik Nordmazedonien in den letzten Jahren eine Reihe schwieriger Entscheidungen getroffen und ausreichend große Schritte gemacht hat, tritt sie mit ihren Ambitionen, der Europäischen Union beizutreten, noch immer auf der Stelle. Ein Ende der Hindernisse ist nicht in Sicht. Die Regierung tat alles, was der Westen von ihr erwartete. Die Forderungen "westlicher Freunde" glichen oft einer Erpressung. Skopje war oft einem Druck ausgesetzt, der die nationale Würde dieses Zwei-Millionen-Einwohner-Staates infrage stellte.

Der jahrzehntelange Streit mit Griechenland um den Namen des Landes wurde erst kürzlich beigelegt und aus Ehemaligen Jugoslawische Republik Mazedonien EJRM (unter diesem Namen wurde die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien in die UN aufgenommen) wurde Nordmazedonien. Zuvor wurde auch die Nationalflagge einer Neugestaltung unterzogen, da die Griechen keinerlei Assoziationen zu ihrer hellenischen Vergangenheit und historischen Persönlichkeiten, darunter Alexander dem Großen und der griechischen Provinz Mazedonien im Norden Griechenlands, zuließen.

In einem so geschwächten Staat wuchs der Appetit der Großalbaner, und Nordmazedonien nahm diese nationale Gruppe, die fast ein Drittel der Bevölkerung ausmacht, im Jahr 2001 angesichts des bewaffneten Aufstands der Albaner in seine Verfassung auf und verlieh ihnen Sprach- und Territorialrechte.

Als im August 2001 mit der Unterzeichnung des Friedensabkommens von Ohrid durch Vermittlung der internationalen Gemeinschaft der Konflikt beigelegt wurde, gewährte Nordmazedonien den aufständischen Albanern Amnestie, änderte die Verfassung, die albanische Sprache wurde zur zweiten Amtssprache und im öffentlichen Sektor sowie im Sicherheitsbereich wurde eine größere Zahl von Albanern und Angehörigen anderer Minderheitengruppen angestellt.

Als alle das Ende der Forderungen ahnten, erfolgten neue Erpressungen, obwohl Nordmazedonien inzwischen, im Jahr 2020, das jüngste Mitglied der NATO wurde. Das benachbarte Bulgarien, das zuvor die nationale Identität der Mazedonier infrage gestellt hatte, erschien mit neuen Bedingungen, aufgrund derer eine Verfassungsänderung erforderlich ist, über die es weder einen Konsens noch eine Zweidrittelmehrheit im Parlament gibt. Sofia fordert nämlich, dass die nur 3.000 Mitglieder zählende bulgarische Minderheit als "staatsbildende Nation" in die Verfassung Nordmazedoniens aufgenommen wird. Gleichzeitig wird in Bulgarien jedoch die Existenz der mazedonischen nationalen Minderheit geleugnet.

Bulgarien geht in seinen Forderungen sogar so weit, Skopje zu "zwingen", die nationale Geschichte nach dem Willen Sofias auszulegen. Bulgarien behauptet auch, dass "Mazedonisch keine eigenständige Sprache, sondern lediglich ein westlicher Dialekt der bulgarischen Sprache" sei.

Nordmazedonien wartet seit 2005 auf eine EU-Mitgliedschaft. Damit ist es absoluter Rekordhalter in der Zeit, die es im "europäischen Vorzimmer" verbringt. Ein Ende der Warterei ist noch nicht in Sicht. Der schwache Staat erkannte, dass ihm selbst die Mitgliedschaft in der NATO keinen schnellen Beitritt zur Union ermöglichte, wie dies bei einigen anderen Staaten wie Bulgarien, Kroatien und Rumänien der Fall war. Die Bürger fragen sich zu Recht, wann die Erpressungen aufhören und ob es überhaupt zu hoffen lohnt, dass das Land eines Tages in die europäische Gesellschaft aufgenommen wird.

Um die endgültige Entscheidung über eine Verfassungsänderung zu treffen, müssen bessere Zeiten kommen, vielleicht ein neues Augenzwinkern oder eine Anordnung aus Brüssel.
Die Debatten vom August im Parlament von Skopje führten nicht zu den erwarteten Fortschritten, die zu einer Verfassungsänderung erfordern würden. Hauptbremse in diesem Prozess ist die größte oppositionelle konservative Partei VMRO-DPMNE, die in diesen Absichten eine Gefahr für die nationale Identität Mazedoniens und die Bestrebungen Großbulgariens erkennt: "Es kann keine derart diktierten Änderungen der Verfassung geben. Wahlen sind die einzige verbleibende Option, und die Wähler sollten über eine Änderung der Verfassung entscheiden", vertritt der Vorsitzende dieser Partei, Hristijan Mickoski, unbeirrt seine Position.

Die Regierung von Premierminister Dimitar Kovačevski hofft, dass es in der kommenden Zeit zu einer Neubetrachtung der Positionen im Lager der Gegner der Verfassungsänderung kommt und dass die acht fehlenden Stimmen für eine Zweidrittelmehrheit und für die Änderung der Verfassung gefunden werden. Unter der Öffentlichkeit dieses Landes kreisen fantastische Geschichten über millionenschwere Angebote an bestimmte Abgeordnete, ihre Position zu ändern und die Absicht der Regierung, die Verfassung zu ändern, zu unterstützen.

Es gibt nicht wenige, die aufgrund früherer Erfahrungen glauben, dass gegen Skopje neue Erpressungen ausgeübt werden könnten, die die Bemühungen Nordmazedoniens, der Europäischen Union irgendwann beizutreten, völlig bedeutungslos machen würden, und dass es für das Land höchste Zeit ist, die eurofanatischen Träume aufzugeben.

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