Wirtschaft

Heiner Flassbeck: Deutschland muss lernen, den internationalen Handel zu verstehen

Der Wirtschaftswissenschaftler Heiner Flassbeck kritisiert erneut die deutsche Wirtschaftspolitik. Die Reaktion auf den "Inflation Reduction Act" der USA zeige, dass Deutschland den internationalen Handel nicht verstanden habe. Man brauche einen wirtschaftspolitischen Neubeginn.
Heiner Flassbeck: Deutschland muss lernen, den internationalen Handel zu verstehenQuelle: www.globallookpress.com © Dwi Anoraganingrum via www.imago

Auf dem Nachrichtenportal Telepolis äußert sich der renommierte Ökonom Heiner Flassbeck zum Subventionsstreit zwischen den USA und der EU. Flassbeck äußert sich ausführlich über Deutschland, wo seiner Auffassung nach wirtschaftspolitischen Zusammenhänge und die Grundlagen des Freihandels nicht verstanden wurden. Aus diesem Grund falle das Land auch international durch seine destruktive wirtschaftspolitische Agenda negativ auf.

Deutschland und die EU kritisieren den "Inflation Reduction Act" (IRA) der USA als eine protektionistische Maßnahme. Flassbeck stimmt dem zu: der IRA diene weniger der Inflationsbekämpfung, dafür aber umso mehr dem Schutz der USA vor Abhängigkeit von Importen aus dem Ausland. Dies ist allerdings verständlich, wie aus dem klar wird, was Flassbeck dann ausführlicher erläutert. 

Insbesondere Deutschland habe grundlegend falsche Vorstellungen davon, was Freihandel bedeutet. 

"Worum es geht, ist für die Europäer und insbesondere die Deutschen nicht leicht zu verstehen, weil sie sich seit Jahrzehnten einreden, sie seien im Geist und in ihren Taten die größten Freihändler überhaupt. Dass Freihandel niemals eine Einbahnstraße sein kann, ist ihnen nicht zu vermitteln." 

Flassbeck verweist darauf, dass die US-amerikanische Leistungsbilanz gegenüber Europa mit wenigen Ausnahmen seit Jahrzehnten negativ ist. Innerhalb der EU dagegen ist Deutschland das Land mit den größten Exportüberschüssen. 

Der Denkfehler, dem Deutschland aufsitze, sei, dass es Länder als Unternehmen betrachtet. Unternehmen können sich durch Innovation einen vorübergehenden Wettbewerbsvorteil verschaffen – Länder können das nicht. Deutschland hat sich durch die Politik der Lohnzurückhaltung und von Tarifabschlüssen unterhalb des Verteilungsspielraums Vorteile verschafft, die zu globalen Ungleichgewichten führen. 

Der IRA ist eine Antwort auf diese Ungleichgewichte, wird im weiteren Beitrag klar. Flassbeck schlussfolgert dann: 

"Europa braucht einen Neuanfang, der wie in den USA auf den heimischen Markt und weniger auf den Weltmarkt setzt. Das kann aber nur gelingen, wenn Deutschland mit einer ganz neuen wirtschaftspolitischen Ausrichtung vorangeht."

Das braucht aber ein ganz anderes wirtschaftspolitisches Verständnis, führt Flassbeck aus. Es müssten alle Beteiligten am wirtschaftlichen Wachstum teilhaben können.

"Dabei müssen die Einkommen der großen Masse der Menschen im Vordergrund stehen. Nicht der beste Niedriglohnsektor der Welt ist gefragt, wie ihn voller Stolz ein sozialdemokratischer Bundeskanzler einst nannte, sondern die beste Teilhabe aller Bürger an den wirtschaftlichen Erfolgen."

Von dieser Erkenntnis sei man in Deutschland jedoch weit entfernt.

Dieser wirtschaftspolitische Hintergrund und der lang andauernde wirtschaftspolitische Streit zwischen Deutschland und den USA wirft zudem ein anderes Licht auf den Sabotageakt gegen die Pipeline Nord Stream, der einem jüngsten Medienbericht zufolge von den USA geplant und ausgeführt worden war. Durch ihn verringert sich die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands drastisch, da er die Preise für deutsche Produkte erhöht, denn die deutsche Industrie ist besonders energieintensiv. Gleichzeitig zwingt der sanktionsbedingte Wegfall von russischen Energieträgern Deutschland in die Abhängigkeit von den USA, die zum Teil in die Lücke einspringen und zu weit höheren Preisen künftig Deutschland mit Fracking-Gas versorgen werden. Unter diesem Aspekt werde jedoch der Anschlag auf Nord Stream in Deutschland bisher kaum diskutiert.

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