Meinung

Wer ins Hospiz geht, hat keine Angst vor Corona

Im Juni dieses Jahres starb meine Mutter nach kurzer, aber umso schwerer Krankheit. Mit nur 61 Jahren erlag sie ihrem Krebsleiden. Leider konnte sie ihren Kampf nicht gewinnen. Maske und Tests waren unsere ständigen Begleiter. Und ja, es war Krebs und kein Corona.
Wer ins Hospiz geht, hat keine Angst vor CoronaQuelle: www.globallookpress.com © Robert Michael / ZB

von Klaus Krickow

In diesen seltsamen Zeiten soll uns weisgemacht werden, die Welt kenne nur noch eine einzige Krankheit. Corona hier, Corona dort. Corona steht über allem. Doch wenn man eine krebskranke Mutter hat, lässt sich das kaum ernst nehmen. Was man dagegen leider sehr wohl ernst nehmen muss, sind die endlosen Einschränkungen und eintausend Regeln, die einem buchstäblich wie Steine vor die Füße geworfen werden. Ach, wie wichtig ist doch Corona!

Meine Mutter wurde bei ihren häufigen Krankenhausaufenthalten trotz ihres Zustands genötigt, einen Test nach dem anderen über sich ergehen zu lassen – teils schien es, als seien diese wichtiger als die eigentlichen Untersuchungen. Getestete und Ungetestete saßen dort übrigens im gleichen Warteraum. Einmal erlaubte sie sich zu fragen, was das denn eigentlich bringe, wenn negativ Getestete wieder zu den (womöglich positiven) Ungetesteten in den Warteraum zurückkehren mussten. Nicht, dass meine Mutter von der Notwendigkeit der Corona-Maßnahmen sonderlich überzeugt war, vielmehr war es der logische Widerspruch, der sie zu dieser Frage bewog. Als Antwort erhielt sie dann lediglich ein: "Alles gut so."

Ein anderes Mal lehnte sie – der unangenehmen und sinnlos erscheinenden Prozedur überdrüssig – den Test ab. Es folgte eine belehrende "Unterhaltung". Sie lehnte weiterhin ab und man gab ihr zu verstehen, dass es ohne Test keine Behandlung gäbe. "Dann fahre ich eben wieder nach Hause", sagte sie und wurde dann doch zur Behandlung gebeten. Später, als sie dann für einen längeren Zeitraum ins Krankenhaus kam, musste sie an jedem einzelnen Tag einen Test über sich ergehen lassen. Erst, als die krebsbedingten Beeinträchtigungen im Kopfbereich stärker wurden und die Nebenwirkungen von Chemo- und Strahlentherapie sie zusätzlich schwächten, ließ man sie ein wenig in Ruhe.

Meine Mutter lebte übrigens nicht im "hippen" Berlin, sondern in einem Dorf im Brandenburgischen. Die Termine – darunter auch solche, die allein für die Durchführung von Corona-Tests gedacht waren – im entfernten Krankenhaus viele Ortschaften weiter waren regelmäßig zu sehr frühen Uhrzeiten angesetzt. Dies scheint irgendwie eine weitere Manie im "besten Deutschland aller Zeiten" zu sein. Einmal abgesehen davon, dass meine Mutter, um diese Termine wahrzunehmen, zu Nachtzeiten hätte aufstehen müssen, fährt auf diesen langen Strecken um diese Uhrzeit weder Bus noch Bahn.

Aber verkehrspolitisch haben Berlin und Brandenburg ohnehin schon lange versagt – ewige Streckensperrungen, Zugausfälle und schlechte bis gar keine Busanbindungen. Auch der Sohn, der wiederum im "hippen" Berlin wohnt und von dort aus für Krankenhausbesuche bei der Mutter auf Bus und Bahn angewiesen ist, kann ein Lied davon singen. Na ja, Hauptsache, die Maske sitzt! Für meine Mutter kamen dann schließlich nur Krankentransporte infrage, die im Übrigen keineswegs vollständig von der Kasse übernommen werden.

Angehörige in Lockdownzeiten im Krankenhaus zu besuchen, ist aber gar nicht so einfach. Da "schleicht" man sich geradezu aufs Krankenhausgelände und kann seiner Mutter dann doch nicht zur Seite stehen, weil man nur durchs Fenster gucken darf. Fragen kommen auf: Von meiner Mutter wurde verlangt, am Vortag (!) einen Test zu machen, sodass sie am nächsten Tag ins Krankenhaus darf. Aber der Sohn darf keinen Test machen und muss vor dem Fenster warten? Haben Sie schon mal auf einem weiten Krankenhausgelände am Rande einer Kleinstadt in Lockdownzeiten ihre Zeit verbracht, bei Wind und Wetter? Dann wissen Sie, was ich meine.

Kein Besuch gestattet also, die Mutter zunehmend zu schwach zum Telefonieren und der Sohn kann nun nicht einmal mehr durchs Fenster sehen, da sie in ein Zimmer im zweiten Stock verlegt wurde. Ab und zu ließ sich dann glücklicherweise doch eine Krankenschwester oder ein Pfleger finden, die erlaubten, dass meine Mutter nach draußen durfte. Das machte aber auch nicht jeder, zumal der Gang vor die Krankenhaustür für sie von Mal zu Mal mühsamer war.

Irgendwann war meine Mutter in ein Pflegeheim-Hospiz überstellt worden. Doch auch dort begleitete uns Corona, wieder jeden Tag ein Test! Allerdings durfte ich sie jetzt (mit Test) besuchen und musste nicht vor der Tür ausharren. Die Atmosphäre war sehr viel entspannter und meine Mutter hat sich – wenn man das so sagen kann – wohlgefühlt. Und dort war es schließlich auch, wo man ihr einen lieben und würdevollen Abschied bereitete. Auf der Beerdigung wurde zum Glück kein Test von den Anwesenden verlangt. Doch trug ich noch einmal Maske, diesmal in Schwarz.

Meine Mutter wollte sich übrigens nicht impfen lassen. Wer ins Hospiz geht, hat keine Angst vor Corona.

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Als Verkäufer in einer Bahnhofsbäckerei kommt Klaus Krickow tagtäglich mit vielen Leuten in Kontakt. Er hört und sieht, wie sich Menschen verhalten und worüber sie sprechen. Und auch, was sich seit Corona verändert hat.

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