Financial Times als Propaganda-Arm der britischen Regierung: Der "Fall Ungarn" beweist es
Von Timofei W. Bordatschow
Wenn man in der Financial Times liest, dass die Europäische Union beabsichtigt, aufgrund der "Widerspenstigkeit" Budapests in der Frage der Ukraine, die ungarische Wirtschaft zu ruinieren, dann sollte man immer bedenken, dass es sich um eine in Großbritannien ansässige Publikation handelt und dass nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU, Londons politisches Ziel bei der Lancierung solcher Geschichten darin besteht, Kontroversen innerhalb der EU zu entfachen.
Dementsprechend zielten die von britischen Beamten an die Zeitung weitergereichten Informationen in erster Linie darauf ab, Journalisten dahingehend zu manipulieren, Geschichten zu erfinden, die noch mehr Kontroversen innerhalb der EU hervorrufen und die Positionen Deutschlands und Frankreichs unterminieren. Das ist das Erste, was man verstehen muss, wenn man über politische Propaganda spricht.
Zweitens sind die Beziehungen Ungarns zu den Offiziellen in Brüssel und den wichtigsten Staaten der Union nicht gerade einfach, aber sie sind auch nicht kontrovers. Wäre dies der Fall, wäre die Regierung in Budapest längst weit stärker unter Druck geraten: zuerst von Deutschland, dann von Frankreich, gefolgt von Österreich. Gemeinsam hätten diese Staaten das Investitionsklima in Ungarn beeinflussen können – wenn sie es gewollt hätten. Aber nach ihrem Verhalten zu urteilen, wollten sie es nicht. Brüssel wird im Alleingang nichts tun, was Berlin und Paris nicht auch tun wollen. Wenn es wahr wäre, was die Financial Times geschrieben hat, so wäre es tatsächlich eine Premiere in der Geschichte der Union: Die Wirtschaft eines Mitgliedsstaats zu ruinieren, weil die Union einem Nichtmitglied Geld zuschieben will und besagter Mitgliedsstaat sich dagegen stellt? Es scheint, dass das alles völlig gegen die "europäischen Werte" verstößt.
Ungarn selbst hat eine entspannte und ausgewogene Haltung gegenüber der EU und steht wirtschaftlichen Themen – wie zum Beispiel dem gemeinsamen Markt – positiv gegenüber. Eine andere Sache ist, dass Budapest genau weiß, dass es die globale Politik der Union nicht diktieren kann, und diese folglich akzeptieren muss.
In der Frage der Finanzhilfe für die Ukraine beharren die Ungarn jedoch wie schon seit zwei Jahren auf ihrer Position und sehen keinen Grund, etwas daran zu ändern. Denn wenn es um grundsätzliche Fragen geht, kann Orbán während der Abstimmung getrost einen Kaffee trinken gehen und sich dann darüber beschweren, dass die anderen ohne ihn abgestimmt haben. Man beachte dabei, dass dies schon einmal vorgekommen ist.
Man denke auch daran: Wenn wir Artikel in der Financial Times über Russland lesen, dann wissen wir, dass sie in weiten Teilen unwahr sind. Warum sollten Ungarn und Deutschland auch von den Briten besser behandelt werden als Russland? Beide sind letztlich Londons Rivalen.
Ersterscheinung in der Rossiyskaya Gazeta. Übersetzt aus dem Englischen.
Timofei W. Bordatschow (geboren 1973) ist ein russischer Politikwissenschaftler und Experte für internationale Beziehungen, Direktor des Zentrums für komplexe europäische und internationale Studien an der Fakultät für Weltwirtschaft und Weltpolitik der HSE Universität in Moskau. Unter anderem ist er Programmdirektor des Internationalen Diskussionsklubs Waldai.
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